Jüdische Gemeinde Sinzig

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Gedenktafel auf dem neuen jüdischen Friedhof
Gedenktafel für die Opfer des 1. Weltkriegs der Synagogengemeinde Sinzig
Die Stadt Sinzig brachte anlässlich der Verlegung der ersten Stolpersteine in Sinzig am 4. Mai 2022 eine 44 Seiten starke Broschüre mit dem Titel Stolpersteine - Erinnerung an die ausgeschlöschte jüdische Gemeinde Sinzig und ihre Opfer heraus.

Die ehemalige jüdische Gemeinde Sinzig ...


Chronik[Bearbeiten]

Ein Judenpogrome gab es in Sinzig am 1./2. Mai 1265, 1287 und im Pestjahr 1349.

Noch im Jahr 1933 hatte die jüdische Gemeinde Sinzig 41 Mitglieder, die in zehn Haushalten lebten. Die Sinziger Juden betrieben drei Metzgereien, vier Viehhandlungen und zwei Textilgeschäfte. Judith Schumacher berichtete am 25. Januar 2021 in der Rhein-Zeitung:

Jüdische Kinder wurden von ihren christlichen Mitschülern als Spielkameraden akzeptiert. Besondere Anerkennung wurde jüdischen Männern zuteil, die im Ersten Weltkrieg mit dem Eisernen Kreuz der 1. Klasse ausgezeichnet worden waren. Die Synagoge stand im Mittelteil der alten Burg am Ende der Renngasse. Trotz des von den Nazis am 1. April 1933 ausgerufenen Judenboykotts kauften viele Christen auch weiterhin heimlich bei Juden, aber aus dem Vereinsleben wurden diese ausgeschlossen. Trotzdem emigrierte vor 1936 nur ein einziger Sinziger Jude: Karl Meyer. 1936 und 1937 verließen die Familien Friesem und Moses Sinzig, nachdem sie ihre Geschäfte an Christen verkauft hatten. Nach der Reichskristallnacht, bei der die Synagoge und einige Privatwohnungen zerstört wurden, flohen auch die Familien Hirsch, Julius Hermann, Max Gottschalk und die Eltern von Julius Meyer. Die noch in Sinzig verbliebenen 17 Juden mussten ihre Berufe aufgeben und lebten von der Substanz. Männer leisteten Zwangsarbeit in Betrieben.[1]

Nach der Deportation im April 1942 lebten im Kreis Ahrweiler im Wesentlichen nur doch die über 65-jährigen Juden. Aus Bad Neuenahr, Heimersheim und Sinzig wurden insgesamt 22 jüdische Menschen in „Judenhäusern“ in Niederzissen interniert. Lena Levy, Klara Salomon, Gottfried Wolff und Karoline Wolff wurden von Sinzig auf einem Leiterwagen nach Niederzissen gefahren. Am 27. Juli 1942 sind sie in Koblenz-Lützel dem Transport mit dem Sonderzug DA 76 zugeführt worden, der in Theresienstadt die Nummer III/2 erhielt und der insgesamt 1165 Juden überwiegend aus den Regierungsbezirken Köln und Koblenz ins KZ Theresienstadt transportierte. Lediglich 87 von ihnen überlebten - darunter vier aus dem Kreis Ahrweiler. Lena Levy, Klara Salomon und die Eheleute Wolff aus Sinzig kamen in Theresienstadt aber bereits vor Ende September 1942 ums Leben. Bernhard und Rosalie Gottschalk aus Bodendorf sind Ende September 1942 in Treblinka ermordet worden.

Dem Sinziger Juden Josef Salomon wurde ein sogenannter „Rassenschandeprozess“ gemacht, weil er ein Verhältnis zu einer „Frau deutschen Blutes“ unterhielt. Der seelisch kranke Erwin Hein wurde in die Heil- und Pflegeanstalt nach Andernach gebracht. Im Jahr 1940 ist er im Rahmen des Euthanasieprogramms der Nazis in der Gaskammer in Hadamar ermordet wirden. Samuel Wolff, ein bereits altersschwacher Jude, wurde in die Jacoby‘sche Heil- und Pflegeanstalt Bendorf-Sayn gebracht und von dort aus in ein Konzentrationslager deportiert.

Holocaust-Opfer[Bearbeiten]

Erich Gottschalk - Franziska Sara Gottschalk - Bernhard Gottschalk - Rosalie Gottschalk

Lena Levy

Albert Israel Liebmann - Dora Sara Liebmann - Hans Heinz Israel Liebmann

Isaak Israel Meyer - Karl Meyer - Julius Meyer

Joseph Salomon - Klara Salomon - Leopold Israel Salomon

Rosa Sara Hein - Erwin Hein

Max Wolff - Gottfried Wolff - Karoline Wolff - Friederike Sara Wolff - Rosa Sara Wolff - Samuel Wolff

Gedenken[Bearbeiten]

Die Namen der Sinziger Opfer sind bereits seit 1992 bekannt. Durch intensive Recherchen insbesondere von Rudolf Menacher wurden die letztbekannte Anschriften der Sinziger Juden ermittelt. In den Jahren 2005 und 2014 haben sich Gremien der Stadt Sinzig mit der Verlegung von Stolpersteinen in der Stadt befasst. Am 31. Januar 2019 beschloss der Stadtrat einstimmig, dass in Sinzig Stolpersteine verlegt werden sollen. Initiativen des Sinziger Bürgerforums und des Rhein-Gymnasiums waren dem Beschluss vorausgegangen. So lud die Arbeitsgruppe „Erinnerungskultur“ des Bürgerforums für den 10. November 2018 erstmals zu einem „Stolpergang“ ein. Für Freitag, 5. März 2021, ab 9 Uhr ist vor den ehemaligen Wohnhäusern der Sinziger Juden die Verlegung der ersten 15 „Stolpersteine“ durch Gunter Demnig geplant. Die Arbeitsgruppe gestaltet ein Rahmenprogramm und stellt eine Broschüre zusammen, die über die Schicksale der Sinziger Holocaust-Opfer informiert. Die Verlegung der Stolpersteine für die weiteren Opfer ist für 2022 geplant.[2]

Siehe auch[Bearbeiten]

Mediografie[Bearbeiten]

  • Uli Martin/Rudolf Menacher: Stolpersteine - Erinnerung an die ausgeschlöschte jüdische Gemeinde Sinzig und ihre Opfer, hrsg.: Stadt Sinzig, 2022, 44 Seiten, S. 21-23
  • Wilhelm Loskot: „Hier stand die Synagoge“ – Errichtung eines Denkmals zu Ehren der jüdischen Verfolgten und Ermordeten des Nazi-Regimes in Sinzig am Rhein, Schnellhefter, DIN-A 4, 41 Seiten, o.J.

Weblink[Bearbeiten]

alemannia-judaica.de: Sinzig (Kreis Ahrweiler) – Jüdische Geschichte / die Synagoge

Fußnoten

  1. Quelle: Was aus Sinziger Juden wurde – Rudolf Menacher gibt Einblick in die Geschichte, in: Rhein-Zeitung vom 25. Januar 2021
  2. Quelle: Was aus Sinziger Juden wurde – Rudolf Menacher gibt Einblick in die Geschichte, in: Rhein-Zeitung vom 25. Januar 2021