Rheinvilla Tessenow
Die Rheinvilla Tessenow in Remagen ist ein architektonischer Klassiker - baugeschichtlich bedeutsam und zugleich verblüffend modern: Entworfen und gebaut wurde sie im Jahr 1910 für den Kölner Gerichtsrat Metzges und dessen Familie. Der junge Heinrich Tessenow (1876-1950) war ihr Erbauer. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter des deutschen Reformgedankens in der Architektur. Während seiner gesamten Schaffensphase galt sein besonderes Augenmerk dem sozialen Wohnungsbau. An Baujahr und Zweck gemessen, ist die Remagener Villa ein fast revolutionär einfaches, bürgerliches Haus, das sich in erster Linie durch seine Schlichtheit auszeichnet.
Hausherren
Historie
Im Jahr 2005 wurde die Villa mit ihrer schlicht gegliederten Fassade und den getreppten Giebeln von ihren neuen Besitzern, der Familie Baron-Salis, renoviert. Vor allem das 200 Quadratmeter große Dach war in einem schlechten Zustand. Auf dem Dachboden standen unzählige Badewannen und Schüsseln, die eindringendes Regenwasser auffingen. Die hölzerne Dachkonstruktion war größtenteils morsch und von Schimmelpilz besiedelt. Während der sechs Monate dauernden Sanierung wurde bis auf die Außenmauern, das hölzerne Treppenhaus und einen Teil der Fußböden alles abgerissen. Bausünden - nachträglich vergitterte Fenster etwa oder hässliche Anbauten - wurde rückgängig gemacht und die Fassade wärmegedämmt.
"Da hat sich ein moderner Architekt Gedanken gemacht, wie eine moderne Familie großzügig leben möchte. Die Elemente und Proportionen sind ausgewogen, die Räume sind licht und luftig und lassen Rückzugsmöglichkeiten. Es gibt sogar eine Frischluftzufuhr im Mauerwerk aufgrund der originalen, damals sehr modernen Gasbeleuchtung", sagte die neue Hausherrin Gaby Baron einmal gegenüber der Rhein-Zeitung.
Um den Bau vor Rhein-Hochwassern zu schützen, setzte der Planer ihn erhöht an die Promenade. Das hat den Effekt, dass die Tessenow-Villa benachbarte Gebäude, die zur gleichen Zeit entstanden - das alte Fährhaus etwa - um ein Geschoss überragt. Die aus Beton gegossene Bodenplatte des Hauses, die auch Eingangsbereich und Terrassen trägt, verleiht dem Gebäude eine breite Standfläche.
Tessenow wandte sich bei der Gestaltung des Baus von dem zur Jahrhundertwende üblichen Protz und Imponiergehabe ab. Deshalb verzichtete er auf eine wilhelminische Schauseite und entschied sich für eine eine zurückgenommene, wenig repräsentative, dafür aber funktional gegliederte Fassade.
Auf diese Weise verwirklichte Tessenow bereits vor dem Ersten Weltkrieg die Bauhaus-Idee "die Form folgt der Funktion". Dabei ging er auch ins Detail, gestaltete zum Beispiel Türklinken und Lampen. Der Übergang vom Handwerk zur industriellen Revolution macht sich in der Villa in genormten Fenstergrößen bemerkbar. "Schlicht, simpel aber in guter Qualität" - das Motto des Deutschen Werkbunds half der Rheinvilla zu überleben.