Winzergaststätte Bad Bodendorf

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Eines der letzten Fotos von der letzten Traditionsgaststätte des Badeorts
Bad Bodendorf - Heinz Grates (13).jpg
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Visualisierung des geplanten Nachfolgebaus
Im Winter
Der Veranstaltungsraum der Gaststätte
Der Saal der Gaststätte
Ein Bild aus alter Zeit: Das Ehepaar Schäfer, Inhaber der Gaststätte der ehemaligen Winzergenossenschaft Bodendorf, mit seinen beiden Töchtern.
Ulrike Willems (2. von links), die letzte Pächterin der Gaststätte
Vor dem Winzer-Verein stand in den 1930er Jahren eine Shell-Zapfsäule, an der vornehmlich Genossenschaftsmitglieder auf Kredit tankten.
Die Gründergeneration des Spielmannszugs „Blau-Weiß“ vor ihrem Vereinslokal
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Kurz nach der Fertigstellung des Anbaus links im Jahr 1959
Ehemalige St.-Anna-Kapelle (links) und ehemalige Winzergaststätte (Mitte)

Die heute nicht mehr bestehende Winzergaststätte Bad Bodendorf liegt nur wenige Meter vom Startpunkt des Rotweinwanderwegs entfernt. Die Gaststätte wurde vom Bodendorfer Winzerverein mit Saal und Weinkeller errichtet. Dort ist der letzte Bodendorfer Wein gekeltert worden. Möhnen, Schützen, Bruderschaft gingen in der Winzergasstätte ein und aus, die darüber hinaus Vereinslokal des Spielmannszugs „Blau-Weiß“ war. Dessen Mitglieder trafen sich viele Jahre lang regelmäßig im Keller zum Proben. Der Saal im ersten Obergeschoss, der Platz für 200 Gäste bot, wurden unzählige Bälle gefeiert und er war ein wichtiger Austragungsort für den örtlichen Saalkarneval. Dort, im kleinen Sitzungssaal im Parterre und im Weinkeller wurden auch ungezählte Geburten und runde Geburtstage gefeiert, Eheschließungen, -jubiläen und es wurden Tote betrauert. Außerdem sind in der Winzergaststätte etliche Vereine gegründet worden – am 12. April 1985 etwa der Kreisfeuerwehrverband Ahrweiler, am 21. April 1988 der Heimat- und Bürgerverein Bad Bodendorf. Im September 2001 sind dort die Bürgerinitiative „Pro B 266 Neu“ Bad Bodendorf und am 13. März 2012 die Freunde des Bad Bodendorfer Thermalfreibades gegründet worden. Im Winzerverein wurden aber auch Vereine aufgelöst - so wie am 21. Februar 2011 der Sinziger Verein „Kinder von Tschernobyl“. In die ehemalige Volksbank-Filiale zogen später eine Quelle-Agentur und dann der Buchbinder Josef Decker ein.


Anschrift und Lage[Bearbeiten]

Hauptstraße 117

53489 Sinzig-Bad Bodendorf

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Kontakt[Bearbeiten]

Telefon 02642 998990

Eigentümer[Bearbeiten]

Trinkkontor Bitburger Bier GmbH Remagen, Vorgänger: Egon Bläser 1979 - 1996, Getränke Bergmann GmbH Niederbreisig

Pächter[Bearbeiten]

Ulrike und Wolfgang Wilhelms, Vorgänger: Peter Mosell

Ausstattung[Bearbeiten]

Im Saal des Winzervereins selbst ist Platz für Festgesellschaften mit bis zu 200 Gästen. Der Weinkeller bietet 32 Sitzplätze, der Nebenraum des Gastzimmers bietet 44 Sitzplätze.

Chronik[1][Bearbeiten]

Das Gebäude wurde in den Jahren 1895/96 vom Bodendorfer Winzerverein erbaut und, so wird vermutet, zur Kirmes 1896 eröffnet. Das Winzergenossenschaften in ihre Kellereien Gaststätten integrierten, war nicht ungewöhnlich, sondern damals die Regel. An der Ahr gab es das beispielsweise auch in Westum, Ahrweiler, Altenahr, Walporzheim, Dernau und Mayschoß. Zu den Bedingungen gehörte stets, dass die Pächter ausschließlich Weine der jeweiligen Genossenschaft ausschenkten.

Das Kellergewölbe wurde von der Genossenschaft selbst genutzt. In einem kleinen Raum auf der Südseite der Gastwirtschaft befand sich die Rendantur der Raiffeisenkasse, die Christian Schäfer neben seiner Tätigkeit als Wirt führte.[2] Die ersten Wirtsleute in Bad Bodendorf waren die aus Geislar stammenden Eheleute Christian und Katharina Schäfer, deren Familie das Haus bis Ende der 1940er Jahre führen sollte. Die Familie Schäfer hatte fünf Kinder. Nachdem Christian Schäfer bereits 1919 verstorben war, führte seine Witwe den Betrieb viele Jahre alleine weiter.

Sohn Josef Schäfer („Schäfisch Jö“), Anstreicher von Beruf, fand in seiner Frau Margarete („Schäfisch Jriet“) eine tüchtige Wirtsfrau, die das Haus Mitte der 1930er Jahre übernahm und es durch die Nazi-, Kriegs- und Nachkriegszeit führte. Als ihr Mann im Krieg gefallen war, führte auch sie die Gaststätte allein, bevor sie Hilfe von ihrer Schwägerin Barbara erhielt. Auf vielen alten Fotos ist noch die Tankstelle zu sehen, die zu Schäfers Zeiten zur Winzergaststätte gehörte. Auf dem Grundstück am Ortseingang wurde mehrfach an- und umgebaut. In einem Nebengebäude, das bis an den Straßenrand reichte, befand sich das Schlafzimmer der Wirtsleute. Später wohnte dort zunächst die Familie Jakob Krupp, nach dem Krieg die Familie Littmann.

1950 übernahm die Familie Pentrop den Winzerverein. Clemens Pentrop kam vom Breidenbacher Hof in Düsseldorf, und er hatte die Kantine des Düsseldorfer Flughafens betrieben. Als die Pentrops fünf Jahre später in das im Kurviertel neu erbaute Hotel „Waldesruh“ wechselten, übernahm Josef Klaus die Winzergaststätte. Zuvor hatte er sich auf eine Annonce mit folgendem Wortlaut beworben:

Ökonom gesucht!
Bevorzugt werden Bewerber, die bereit sind, die im gleichen Hause befindliche Raiffeisenkasse zu übernehmen.

So kam es, dass Josef Klaus in den Bad Bodendorfer Werbeprospekten jener Zeit den Titel „Ökonom“ trug. Das war die übliche Bezeichnung von Winzergenossenschaften für Wirte, die ihre Gaststätten auf Provisionsbasis führten. Nachdem das Nebengebäude 1958 abgerissen worden war, ist im Jahr darauf ein neuer Anbau eingeweiht worden. Zur Zeit von Josef Klaus wurde in der Winzergaststätte neben Wein auch Flaschenbier der Marke „Kurfürsten-Bräu“ verkauft. Außerdem gab es vier Gästebetten im Hause.

Im Jahr 1961 übernahm Peter Mosell den Betrieb und führte ihn mit seinen Fähigkeiten als Koch in eine Blütezeit. Nachdem seine Mitglieder 1967 letztmals Trauben gelesen und gekeltert hatten, wurde der Winzerverein 1968 aufgelöst. Der Dernauer Winzerverein übernahm das Anwesen samt der letzten Bestände an Bodendorfer Wein. Die Dernauer verkauften das Anwesen dann weiter an die Volksbank, die zwischenzeitlich die Raiffeisenkasse übernommen hatte und die in Bodendorf eine Zweigstelle eröffnete.

Nachfolger von Peter Mosell, der im Jahr 1968 hauptamtlich die Volksbank-Zweigstelle übernommen hatte, führte Josef Kochems die Gaststätte. Gegen Ende seiner zehnjährigen Zeit wurde das Gasthaus grundlegend umgebaut. Von 1979 bis Mai 1995 führten Egon Bläser und seine Familie die Winzergaststätte, die in Bad Bodendorf damals auch einfach „beim Ejon“ genannt wurde. Der verkaufte das Anwesen, das er während seiner Zeit als Gaststättenbetreiber übernommen hatte, im Jahr 1995 an den Inhaber der Bad Breisiger Getränkefirma Bergmann.

Knut und Brigitte Kolk führten die Winzergaststätte zwei Jahre lang, bevor Fred und Edith Twisterling im Jahr 1997 den Betrieb übernahmen. Nachdem das Restaurant 2001 gründlich renoviert worden war, wurde es von dem aus England stammenden Koch Paul Cocker und dem Restaurantfachmann Achim Busenthür übernommen. Als Cocker die Gaststätte drei Jahre später verließ, wurde sie noch gut ein Jahr lang von seinem ehemaligen Kompagnon weitergeführt.

Zum 7. Januar 2006 übernahmen die aus Polen stammende Marta und der aus er aus der Nähe von Prag kommende Martin Trnka das Haus, um es unter dem Namen Winzer-Gaststätte „Goldenes Prag“ weiter zu führen. Die beiden Restaurantfachleute hatten sich im heute nicht mehr bestehenden Günnewig-Hotel Bristol in Bonn kennengelernt. Die Küche war das Reich von Meisterkoch Ratislav Pastrnak, der zuvor im ältesten Prager Bierhaus „Zum Hl. Thomas“ tätig gewesen war. Er sorgte dafür, dass böhmische Spezialitäten wie Srichova na smetane (Rinderbraten mit Rahmsoße, Preiselbeeren, Sahnehäubchen und Semmelknödeln) mit auf die Speisenkarte genommen wurden. Und neben dem Krombacher gab's bei den Trnkas Budweiser Bier. Die im Lokal angebotenen Weine stammten aus Mähren. Als Spirituosen waren Slibowitz (Pflaumenbrand) und Trnkovice (Schlehengeist) im Angebot. Im Speiseraum im hinteren Teil des Lokals führten die Trnkas ein Rauchverbot ein.

Zwei Jahre später berichtete die Dorfschelle, dass Irina und Alexander Hermann, aus Kirgisien bzw. Kasachstan stammend und bereits seit 15 Jahren in Deutschland leben, die Winzergaststätte übernommen hätten. Das in Andernach wohnende Paar hatte zwei Söhne, die zum Zeitpunkt der Übernahme eineinhalb und fünf Jahre alt waren. Er war gelernter Metzger und Koch, sie Fleischfachverkäuferin. Vier Jahre, bevor sie nach Bad Bodendorf kamen, hatten sie einen Party-Service eröffnet. Weil der Kundenkreis immer größer und die Küche in Andernach zu klein geworden waren, suchten die Hermanns nach einem Lokal mit geräumiger Küche und einem Saal für größere Gesellschaften. Da kam ihnen die Winzergaststätte in Bad Bodendorf gerade recht. Bei Bedarf konnten Alexander Hermanns jüngerer Bruder Roman und eine größere Zahl weiterer Helfer einspringen, so dass bis zu 400 Gäste versorgt werden konnten.

Die Ära der Familie Hermann währte allerdings nur gerade mal ein Jahr. Nachdem die Winzergaststätte ein halbes Jahr lang leergestanden hatte, wurde sie im November 2009 von Ulrike und Wolfgang Wilhelms übernommen. Das Ehepaar aus Sinzig hatte einen erwachsenen Sohn und führte seit 13 Jahren die Gaststätte „Eifler Hof“. Auf der Suche nach einem zweiten Standbein entschlossen sie sich, auch die Winzergaststätte zu übernehmen. Den Gewölbekeller und den großen Saal oben wollten sie durch Veranstaltungen wie Weinproben, Versammlungen, Feiern und Kleinkunst beleben. Für größere Veranstaltungen könnten sie jederzeit auf weitere Fachkräfte zurückgreifen, sagten die Wilhelms damals, die auch auf den Biergarten setzen wollten. Der sollte, wie das gesamte Äußere des Hauses, neu gestaltet werden. Es wurde auch daran gedacht, den ehemaligen Pferdestall mit dem großen Tor zum Ahrweg hin herzurichten und zu nutzen, um im Außenbereich wetterunabhängiger zu werden.

Am 28. April 2021 berichtete die Rhein-Zeitung, Andreas Ziegler, Geschäftsführender Gesellschafter der Zewotherm GmbH Remagen, habe das Gebäude samt Saal, Kelterhaus und Weinkeller gekauft, um dort Wohnraum zu schaffen.[3]

Mediografie[Bearbeiten]

Beiträge in der „Dorfschelle“[Bearbeiten]

Weitere Fotos[Bearbeiten]

Weblink[Bearbeiten]

http://www.winzergast.de - offline

Fußnoten

  1. Quellen: Vom Winzerverein zum Goldenen Prag, in: Dorfschelle 1/2006, S. 3-5, “Winzergaststätte und Partyservice eröffnet”, in: Dorfschelle 1/2008, S. 13 und “Winzergaststätte in neuen Händen””, in: Dorfschelle 4/2009, S. 3 f.
  2. Quelle: Theodor Strunk junior, E-Mail vom 23. Januar 2018
  3. Quelle: Judith Schumacher: Nach 125 Jahren: Aus für Bad Bodendorfer Traditionsgaststätte, rhein-zeitung.de, 28. April 2021