Am 2. Mai 1970 erhielt Bad Breisig Stadtrechte

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Die Festgäste wurden im Kurhaus begrüßt, bevor ...
Gedenkblatt zur Stadterhebung von Bad Breisig
... in der Jahnhalle der Festakt mit der Stadtrechte-Verleihung begann.
Zum Programm des Festtags gehörte u.a. die Verlegung des Grundsteins zum Bau der Rheintalschule Bad Breisig (Hauptschule). Heute wird das Gebäude von der Lindenschule Bad Breisig genutzt.

Dr. Helmut Kohl verlieh Bad Breisig bei einem Festakt am 2. Mai 1970 in der Jahnhalle die Stadtrechte.


Chronik[1][Bearbeiten]

Bad Breisig glich einem Meer von Fahnen, als die Wagenkolonne mit den Spitzen der Landesregierung von Rheinland-Pfalz die Quellenstadt erreichte. Im Kurhaus empfing Bürgermeister Heinrich Klein die Delegation aus Mainz, angeführt von Ministerpräsident Helmut Kohl, dem späteren Bundeskanzler. Mit dabei: Hannelore Kohl, die Gattin des Ministerpräsidenten. Nach einem Willkommenstrunk mit Imbiss im Kurhaus zog die Festgesellschaft in die mit Fahnen und Blumen geschmückte Jahnhalle, wo die Teilnehmer - Repräsentanten aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur - vom Orchester der Rheinischen Philharmonie mit Beethoven-Klängen empfangen wurden. An der musikalischen Gestaltung des Festakts wirkten auch die beiden Männerchöre aus Bad Breisig mit. Unter den Gästen war auch der Essener Oberbürgermeister Horst Katzor, der mit seiner Anwesenheit daran erinnerte, dass Bad Breisig einst rund 900 Jahre lang mit Essen politisch verknüpft war. In einem Beitrag anlässlich des 50. Jahrestages der Verleihung der Stadtrechte in der Rhein-Zeitung (RZ) vom 2. Mai 2020 erinnerte Walter Fabritius:

Das Breisiger Ländchen, ein fast autonomes Gebilde von fünf rheinischen Dörfern, war über Jahrhunderte externer Besitz des „freiweltlichen Essener Frauenklosters“, jener unbestrittenen frühen Keimzelle der Ruhrmetropole.

Ministerpräsident Helmut Kohl ging in seiner Festrede auf die Kriterien ein, die zur Aufwertung der Gemeinde Bad Breisig zur Stadt geführt hätten. Dabei betonte er:

In einem demokratischen Rechtsstaat kann die Verleihung der Stadtrechte zwar nicht mehr – wie in früheren Zeiten – ein Privileg bedeuten, indem man aus der Hand des Landesherren wirtschaftliche Vergünstigungen entgegennahm. Gleichwohl ist dieser Akt auch heute noch für die Einwohner eines zur Stadt erhobenen Gemeinwesens eine Auszeichnung. Nach der Gemeindeordnung von Rheinland-Pfalz wird die Bezeichnung ‚Stadt‘ nur solchen Gemeinden verliehen, in der Struktur, Siedlungsform, Gebietsumfang, Einwohnerzahl und andere, die soziale und kulturelle Eigenart der örtlichen Gemeinschaft bezeichnende Merkmale städtisches Gepräge haben.

Die bemerkenswerte rund 2000-jährige Geschichte des Ortes habe, wie Kohl weiter sagte, ebenfalls eine Rolle gespielt. Bekannt seien unter anderem ...

  • das bereits 1374 durch Kaiser Karl IV. verliehene Marktrecht,
  • die durch Dokumente nachgewiesene starke Sicherung Breisigs durch Mauer und Graben im Mittelalter,
  • die am Pilgerweg nach Aachen gelegene bedeutende Niederlassung des Tempelritter-Ordens,
  • die damit zusammenhängende große Wallfahrt zu der bei den Templern verwahrten Reliquie des Splitters vom Kreuz Jesu,
  • der Zusammenschluss der drei Ortsteile zum gemeinsamen Ort und
  • die Ernennung des Ortes zum „Bad Breisig“ im Jahr 1958.

Die Voraussetzungen zur Erhebung der Gemeinde zur Stadt waren also allemal gegeben, so dass der Ministerpräsident zum Abschluss seiner Laudatio die Ernennungsurkunde an Bürgermeister Klein überreichen konnte. Ein langer Gratulationscour schloss sich an. Zum anschließenden Festtagsprogramm gehörten ...

  • die Grundsteinlegung zum Bau der am 1. Februar 1973 eröffneten neuen Schule an der Rheintalstraße,
  • der Abschluss eines eigens zu diesem Anlass gestarteten Sport- und Kulturwettbewerbs,
  • ein Festessen sowie
  • ein Höhenfeuerwerk am Abend.

„Die Festgäste mit Regierungschef und mitgereister Kabinett-Delegation nahmen die besten Eindrücke von der dynamischen jüngsten Stadt des Landes mit nach Mainz“, hieß es in dem Rückblick anlässlich des 50-Jährigen der Stadtwerdung von Walter Fabritius. Inwieweit sich die von der Stadtwerdung ausgehenden Hoffnungen der jungen Stadt in den folgenden 50 Jahren erfüllt haben, sei dahingestellt, heißt es in Fabritius' Beitrag weiter. Die Bilanz des RZ-Autors fällt recht ernüchtert aus:

Das Kurhaus, in dem der schöne Matinée-Empfang der Festgäste am 2. Mai 1970 stattfand, existiert nicht mehr, das von Kohl seinerzeit als „nicht hinnehmbare“ angeprangerte Verkehrschaos auf der Ortsdurchfahrt der B 9 ist seitdem unentwegt gewachsen, die anstelle des einstigen Badeimperiums entstandenen Römerthermen befinden sich in finanzieller Schieflage, die Auslastung des Touristik- und Beherbergungsgewerbes leidet unter der Konkurrenz des Auslands, der Ausflugsverkehr der „Weißen Flotte“ auf dem Rhein hat an Möglichkeiten eingebüßt. Eine Personenfähre gibt es nicht mehr (erstmals in der Geschichte der Stadt). Einzig das so oft kritisierte Provisorium der Jahnhalle, in dem am 2. Mai 1970 der Festakt zur Stadtwerdung stattfand, scheint unverzichtbar und freut sich relativer Gesundheit, denn einen Ersatz dafür hat die Stadt auch nach 50 Jahren nicht geschafft. Und jetzt zum Jubiläum auch noch unversehens der Nackenschlag des Coronavirus: Wie wird eine Stadt, in der die Gastronomie eine so große Rolle spielt, mit dieser Bedrohung fertig werden? Natürlich ist unter anderem das Jubiläumsfest der Stadtwerdung abgesagt. Der bange Blick in die Zukunft: Wie mag die Stadt Bad Breisig im Mai 2070 das dann anstehende Fest des 100-jährigen Bestehens feiern? Ob dann einige der heute anstehenden Probleme gelöst sind ? Wir können es nur hoffen; erleben werden es die heutigen Schuljahrgänge.

Mediografie[Bearbeiten]

Josef Klerings: Bad Breisig wurde Stadt, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1971

Fußnoten