Synagoge Niederzissen

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Nach dreijähriger Sanierung wurde die ehemalige Synagoge am Sonntag, 18. März 2012, mit einem Festakt als Erinnerungs- und Begegnungsstätte eröffnet.
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Das zur Schmiede umgebaute Gebäude der Niederzissener Synagoge um 1940.
Bei der Übergabe der Baugenehmigung für die Sanierung.
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Ehemalige Thora-Nische
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Memobuch (rechts)
Richard Keuler (Mitte) bei einer Führung durch die ehemalige Synagoge
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Rituelles Bad
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Die ehemalige Synagoge Niederzissen ist neben der ehemaligen Synagoge Ahrweiler das einzige jüdische Gebetshaus im Kreisgebiet, das die Nazizeit überdauert hat. Außerdem ist es das älteste nachgewiesene jüdische Gotteshaus im Gebiet des heutigen Kreises Ahrweiler. Vorher gab es lediglich jüdische Betstuben – auch in Niederzissen. An den Ursprung des Gebäudes als Synagoge erinnern heute noch zwei große Rundbogenfenster und das runde Giebelfenster. „Now I have a familie in Niederzissen“, sagte der in San Diego (USA) lebende Harvey Berger, Enkel von Karl Berger, dem letzten Vorsteher der einstigen jüdischen Gemeinde Niederzissen, in seiner Ansprache beim Festakt zur Eröffnung der ehemaligen Synagoge als Erinnerungs- und Begegnungsstätte am 18. März 2012.[1]


Anschrift und Standort[Bearbeiten]

Mittelstraße 3 (alte Anschrift: Schmidsberg)

Niederzissen

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Besichtigungsmöglichkeiten[Bearbeiten]

Seit Oktober 2012 ist die ehemalige Synagoge an jedem zweiten Sonntag im Monat nachmittags von 14 bis 16 Uhr für Besichtigungen und Führungen geöffnet. Unabhängig davon bietet der Kultur- und Heimatverein Niederzissen e.V. Einzel- und Gruppenführungen nach vorheriger Absprache unter Telefon 02636 6482 an. Der Eintritt ist frei.

Geschichte und Vorgeschichte[Bearbeiten]

Es gibt Hinweise darauf, dass es bereits 1250, im Baujahr der Katholischen Pfarrkirche „St. Germanus“ Niederzissen, eine kleine jüdische Gemeinde im Ort gab. Mündlicher Überlieferung nach sei das in einem Eintragungsbuch von 1250 nachzulesen.[2]

Im Jahr 1580 gab es dann nachweislich Juden in Niederzissen.

Ab 1684/85 werden in den Olbrücker Kellereirechnungen Betstuben genannt. 1763 gab es eine Zimmersynagoge bei dem Juden Isaak neben der Kirche. Zu der Zeit gab es in Niederzissen bereits den jüdischen Friedhof.

Nach einem Personenstandsregister aus dem Jahr 1808 gehörten der jüdischen Gemeinde Niederzissen damals 181 Personen an. Der Wunsch nach einer Synagoge bestand bei ihnen schon länger, als sich 1838 die Möglichkeit bot, für 100 Taler ein zuvor landwirtschaftlich genutztes Grundstück mit Wohnhaus und Scheune an der heutigen Mittelstraße zu kaufen. Die Scheune wurde abgerissen und an gleicher Stelle wurde von 1840 bis 1844 die Synagoge erbaut. Am 3. September 1844 wurde die Synagoge vom Oberrabbiner Dr. Aaron Auerbach aus Bonn feierlich eingweiht. Neben der Synagoge stand das Schulhaus; dort wohnte auch der Synagogendiener. Dahinter befand sich die Mikwe, das jüdische Ritualbad. Auf einem Ortsplan von 1890 wird der Bereich bereits als „Judengässchen“ bezeichnet; die umliegenden Häuser wurden allesamt von Juden bewohnt.

Zur Zeit des Synagogenbaus zählten zum Synagogenbezirk Niederzissen 43 Familien aus Niederzissen, Oberzissen, Niederdürenbach, Burgbrohl, Wehr, Glees und Kempenich. Die zu dieser Zeit ebenfalls zugehörigen Orte Königsfeld und Dedenbach schieden im Jahr 1848 aus dem Verband aus.

Judenverfolgung im III. Reich[Bearbeiten]

Hans Willi Kempenich schildert in der Rhein-Zeitung vom 9. November 2011:

Niederzissen war einmal eine große und bedeutende jüdische Gemeinde gewesen. Doch schon vor den Ereignissen im November 1938 hatten auch hier die Schikanen gegen die Juden begonnen. Im Juli 1942 waren die letzten elf älteren jüdischen Mitbürger zusammen mit 21 Leidensgenossen aus Bad Neuenahr, Bad Bodendorf, Sinzig und Heimersheim über Köln ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert wurden. Die Jüngeren waren schon im April ins KZ Belzec verschleppt worden. Das besagen die Recherchen von Brunhilde Stürmer, die sich seit Jahrzehnten sehr intensiv mit der Geschichte ihrer Heimatgemeinde befasst.

Reichspogromnacht[Bearbeiten]

In der Reichspogromnacht, gegen Morgen des 10. Septembers 1939, wurde die Synagoge geschändet. Hans Willi Kempenich schildert in der Rhein-Zeitung vom 9. November 2011:

Mit Äxten schlagen die Nazis die Tür des … Gotteshauses ein, zertrümmern das Inventar und zerschießen die Lampen. Feuer legen sie nicht – vermutlich wegen der dichten Bebauung im Niederzissener Ortskern. Erst bei Tageslicht erkennen Anwohner das Ausmaß der Verwüstung: Auf der Straße liegen zerfetzte Thorarollen, zerrissene Gebetsbücher und Teile der Inneneinrichtung. Fünf oder sechs Personen seien es gewesen, berichten Augenzeugen. Es waren Einheimische, sagen die einen, sie kamen von auswärts, behaupten andere. Ältere Schüler der nahe gelegenen Volksschule wurden von ihrem Lehrer in die Synagoge geschickt, wo sie sich austoben durften. Was das Rollkommando nicht zerstört hatte, ging jetzt zu Bruch, heißt es dazu in der Niederzissener Chronik.

Die Niederzissener Juden wurden gezwungen, das Anwesen zu verkaufen. Im November 1939 kaufte Familie Blankart die Synagoge und nutzte sie als Schmiede. Im Zuge der Wiedergutmachung wurde dieser Vertrag im Jahr 1949 für nichtig erklärt. 1951 erwarb die Familie Blankart das Anwesen erneut. Anfang der 1990er-Jahre wurde der Betrieb eingestellt; von da an stand das Gebäude viele Jahre lang leer.

Ankauf durch die Gemeinde[Bearbeiten]

Am 9. November 2009 entschied sich der Gemeinderat Niederzissen für den Kauf des Grundstücks mit der ehemaligen Synagoge. Am 3. Juni 2009 hatte sich der Rat zunächst mit knapper Mehrheit gegen einen Kauf entschieden, nach einer in Bürgerversammlungen äußerst kontrovers geführten Debatte. Zu dieser Zeit gab es noch einen privaten Kaufinteressenten, der sein Angebot aber später zurückzog und auch nie vorhatte, die Synagoge der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen. Nach der Entscheidung gegen den Kauf formierte sich eine Bürgerinitiative, die den Kauf der ehemaligen Synagoge durch die Gemeinde sowie eine öffentliche Nutzung propagierte und einen Bürgerentscheid anstrebte. Es gelang der Initiative auch, die für ein Bürgerbegehren erforderliche Zahl von Unterschriften zu sammeln. Mit seiner Kaufentscheidung vom 9. November 2009 machte der Gemeinderat Niederzissen den angestrebten Bürgerentscheid dann überflüssig. Der Kaufpreis betrug 33.000 Euro, von denen die die rheinland-pfälzische Stiftung Kultur 12.000 Euro übernahm. Für die Renovierung stellte die Gemeinde 250.000 Euro zur Verfügung. Konrad Jeub (CDU) sprach nach dem Kaufentscheid „von einem denkwürdigen Tag und einer mit großer Mehrheit gefassten, klugen Entscheidung.“ FWG-Sprecher Walter Fuhrmann hingegen meinte: „Jetzt zahlt die Gemeinde einen hohen Preis. Es wäre auch privat gegangen.“ Die Synagoge könne in Niederzissen „ein regelrechtes Leuchtturmprojekt“ werden, sagte Ratsherr Richard Keuler; für die Umsetzung sagte er die Hilfe des Kultur- und Heimatvereins Niederzissen e. V. zu, dessen Vorsitzender er ist.[3]

Genisa-Fund[Bearbeiten]

In einem Bericht von der Jahreshauptversammlung des Kultur- und Heimatvereins Niederzissen e.V. schrieb die Rhein-Zeitung am 22. Februar 2008:

Alfons Blankart, der als 14-Jähriger die Reichskristallnacht in Niederzissen miterlebt hatte, berichtete den Besuchern … von dem Erlebten. Bilder vermittelten einen Eindruck von vergangenen Zeiten, und Brunhilde Stürmer stellte einige religiöse Gegenstände vor, die sie auf dem Speicher der Synagoge gefunden hatte. Einmalig in Deutschland befindet sich dort eine Genisa, ein Hohlraum, der noch allerlei Gegenstände beinhalten dürfte. „Es könnte sich auch das Memobuch von 1250 dort befinden. Diese Genisa müsste unbedingt von einem Fachmann eingesehen und geborgen werden.“[4]

Bei Aufräumarbeiten wurde auf dem Speicher des Gebäudes dann tatsächlich eine unversehrte Genisa entdeckt. Das ist normalerweise ein vermauerter Hohlraum zur Aufbewahrung ausgedienter jüdischer Schriften. Möglicherweise blieb den Niederzissener Juden zum Einmauern keine Zeit mehr; deshalb versteckten sie die Gegenstände in Nischen, Deckenwölbungen und Hohlräumen zwischen den Deckenbalken auf dem Dachboden. Außerdem wurden Handschriften, Bücher, liturgische Tücher, Säckchen mit Gebetsriemen, Thoramäntel und Beschneidungswindeln geborgen. Insbesondere die Schriften waren allerdings teilweise in schlechtem Zustand und verfielen bereits zu Staub. Einigermaßen gut erhalten war das Mohelbuch, das Beschneidungsbuch, in dem viele Namen der ehemaligen männlichen Gemeindemitglieder verzeichnet sind. Der Schmied, der das Gebäude 1939 kaufte und dort seine Werkstatt einrichtete sowie seine Söhne hatten die auf dem Speicher liegenden Gegenstände offenbar nicht angerührt.[5]

Sanierung und Umbau[Bearbeiten]

Das Gebäude sollte als Erinnerungs- und Begegnungsstätte dienen. Im Juni 2010 stimmte der Gemeinderat dem überarbeiteten Konzept mit einem Kostenvolumen von 370.000 Euro zu. Zuschüsse und Zuwendungen in Höhe von 90 Prozent von der Landesdenkmalpflege, der Stiftung Denkmalschutz und dem Kultur- und Heimatverein wurden erwartet.

Für die Dachsanierung und weitere Wiederherstellung erhielt Ortsbürgermeister Richard Keuler im Dezember 2010 von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz einen Fördervertrag über 70.000 Euro.[6]

„Die Bauarbeiten an der ehemaligen Synagoge in der Mittelstraße können beginnen“, meldete die Rhein-Zeitung am 17. November 2010. Landrat Dr. Jürgen Pföhler habe persönlich die Baugenehmigung an Ortsbürgermeister Richard Keuler übergeben. Damit der alte Synagogenraum wieder als solcher erkennbar wird, sollte zunächst die alte Westwand wiederhergestellt werden. Die Giebelwand zum ehemaligen Vorhof, also zur Mittelstraße hin, wurde nach altem Vorbild restauriert und optisch vom Anbau durch ein Lichtband abgesetzt. Die Frauenempore, die nur noch an der Nordseite erhalten war, wurde entlang der Westwand ergänzt.

Ob, wie vom Landeskonservator angeregt, über dem Eingangsbereich eine dritte Emporenseite angefügt wird, war im November 2010 noch nicht entschieden. Denn historisch belegt seien nur zwei Seiten. Im nördlichen Anbau sollten behindertengerechte WC-Anlagen, eine Teeküche, Heizungstherme sowie eine Treppe untergebracht werden, hieß es. Die Treppe führe in einen Raum, der als Lager, Archiv und Bibliothek genutzt werden solle. Zudem werde von dort aus der Zugang zur Empore möglich sein. Der ehemalige Werkstatt-Anbau werde vom Hauptraum durch eine doppelflügelige Tür getrennt und künftig für eine Dauerausstellung der Funde vom Dachboden genutzt. Der ehemalige Synagogenraum selbst solle als Veranstaltungsraum kulturellen Zwecken dienen.

Die Gesamtkosten der Sanierung einschließlich Ankauf wurden schließlich mit 405.000 Euro veranschlagt. An Fördergeldern waren 317.000 Euro vorgesehen. Diese Fördermittel kommen von der Dorferneuerung des Landes Rheinland-Pfalz (160.000 Euro), der Landesdenkmalpflege (75.000 Euro), der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (70.000 Euro) und der Landesstiftung für Kultur (12.000 Euro). Der Anteil der Eigenleistung, die der Kultur- und Heimatverein erbringt, beträgt 30.000 Euro.[7]

Erinnerungs- und Begegnungsstätte[Bearbeiten]

Nach dreijähriger Sanierung wurde die ehemalige Synagoge am Sonntag, 18. März 2012, mit einem Festakt als Erinnerungs- und Begegnungsstätte eröffnet. Das Gebäude sei nun „ein wahres Vorzeigeobjekt, das dem Originalzustand der 1844 eingeweihten Synagoge nachempfunden ist“, schrieb Hans Willi Kempenich am Tag darauf in der Rhein-Zeitung. Über Lautsprecher wurde die Feier auf die gesperrte Straße übertragen.[8]

Pfarrer Peter Bollig und Kantor Jürgen Ries von der jüdischen Gemeinde Neuwied sprachen während der Feier Gebete. Sara Berger hatte in Jerusalem zwei Mesusot gekauft und mitgebracht. Diese Behälter mit Versen aus dem Deuteronomium wurden an den rechten Pfosten der beiden Türen angebracht. Die Lyrikerin und Friedensaktivistin Irena Wachendorff aus Remagen trug Gedichte vor.

Während der Feier wurde ein von der deutschstämmigen und in den USA lebenden Künstlerin Steffi Friedman geschaffenes Bronze-Relief auf Granit enthüllt. Dr. Larry Friedman, der Sohn der Künstlerin, und Harvey Berger, beide wohnhaft in San Diego (USA), übergaben das Werk. Das Relief, das an die Opfer des Holocausts erinnern soll, zeigt links eine brennende Synagoge, in der Mitte im Meer treibende Koffer und Habseligkeiten sowie am rechten Bildrand das rettende Ufer Palästinas unter der Flagge des Staates Israel mit dem Davidstern. Koffer und Körbe sollen für die Menschen stehen, die die Schoah überlebten.[9]. Harvey Berger ist der Enkel des letzten Vorstehers der jüdischen Gemeinde Niederzissen, Karl Berger. Berger dankte Brunhilde Stürmer, die seit Jahrzehnten mit beständiger Forschungsarbeit die Erinnerung an die jüdischen Mitbürger in Niederzissen wachhält, und überreichte ihr eine Erinnerungsplakette. Berger war mit seiner ganzen Familie nach Niederzissen gekommen, um der Feier beizuwohnen. „Now I have a familiy in Niederzissen“ (Nun habe ich eine Familie in Niederzissen), schloss er seine Ansprache.

Beim anschließenden Empfang in der Bausenberghalle gratulierten Staatssekretärin Beate Reich, Landrat Dr. Jürgen Pföhler, Verbandsgemeindebürgermeister Johannes Bell und der Königsfelder Ortsbürgermeister Hans-Josef Zipp (Königsfeld) der Gemeinde. Prof. Michael Krautzberger, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, erklärte die beträchtliche Förderung des Projekts. Der Männergesangverein Niederzissen 1902 e.V. und die Klezmer-Gruppe „Niealldoh“ begleiteten den Empfang musikalisch.

Mitglieder des Kultur- und Heimatvereins Niederzissen rissen im Herbst 2012 den baufälligen Zugang zum Keller ab und schalten die neue Stützwand mit der Treppe zum Keller ein und betonierten sie. Im April 2013, nach der Frostperiode, nahmen die Helfer um Vorarbeiter Peppo Fiorelli, u. a. Albert Schäfer und Gerwig Käse, die Arbeit wieder auf, entfernten weitere lose Teile von der großen Stützmauer und gossen eine starke Abdeckung darauf. Diese Arbeiten waren Voraussetzung für die anschließenden Arbeiten zur Gestaltung des gesamten Bereichs vor und neben der ehemaligen Synagoge nach den Plänen des Büros Hicking aus Kreuzberg, die vom Land Rheinland-Pfalz gefördert wurden. Für diese Maßnahme hatte der Gemeinderat Niederzissen eine Fachfirma beauftragt. Der Förderverein Kulturgut ehemalige Synagoge Niederzissen habe seinen Anteil an der Finanzierung in Höhe von rund 17.000 Euro bereits sichergestellt, so Richard Keuler.[10]

Im Oktober 2013 wurde die Fertigstellung der Außenanlagen gefeiert. Der Förderverein Kulturgut ehemalige Synagoge Niederzissen steuerte 17.000 Euro zu den Gesamtkosten in Höhe von 91.000 Euro bei. Mitglieder des Kultur- und Heimatvereins Niederzissen e.V. brachten Eigenleistungen im Wert von 20.300 Euro ein.[11]

Jüdisches Museum eröffnet[Bearbeiten]

Die Genisa-Funde vom Dachboden der ehemaligen Synagoge bilden das Herzstück einer Dauerausstellung, die im Oktober 2014 in der zu einer Erinnerungs- und Begegnungsstätte ausgebauten ehemaligen Synagoge eröffnet wurde. Die herausragende Bedeutung der Hinterlassenschaften aus dem Leben der jüdischen Gemeinde im Brohltal und des neuen Museums unterstrich Staatssekretär Walter Schumacher vom rheinland-pfälzischen Kultusministerium in seinem Grußwort: „Sie haben Niederzissen in der ganzen Welt bekannt gemacht.“ Dass dies sowohl für die Qualität als auch für die Quantität der Genisa gilt, bestätigten Manja Altenburg und Dr. Esther Graf von der Agentur für jüdische Kultur in Heidelberg, die die Gestaltung der Ausstellung entwickelte. Während es andernorts bei der Einrichtung eines Museums häufig an Ausstellungsstücken mangele, sei das in Niederzissen völlig anders, hieß es. Der Förderverein der ehemaligen Synagoge initiierte das Museumsprojekt knapp zwei Jahre zuvor zusammen mit dem Kultur- und Heimatverein. 50.000 Euro wurden in die Realisierung investiert. „Den Sachverstand auf dem Gebiet der Museologie und Judaistik steuerten Manja Altenburg, Dr. Esther Graf sowie Luise John von einer Design-Agentur in Mannheim bei“, berichtete die Rhein-Zeitung am 17. Oktober 2014, und Professor Andreas Lehnardt von der Uni Mainz. „Sie bewahren die Erinnerung daran, dass jüdisches Leben hier stattfand“, bestätigte Gitta Connemann (MdB), Vizepräsidentin der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Die Museumseröffnung sei für ihn ein Tag von besonderer Bedeutung, ein persönlicher Glanzpunkt, sagte Abraham Lehrer, Mitglied im Präsidium des Zentralrates der Juden und im Vorstand der Synagogengemeinde Köln. Betont wurde auch, dass die Heimatforscherin Brunhilde Stürmer mit profundem Wissen zur Niederzissener Geschichte wesentlich zum Gelingen des Projektes beigetragen habe. Der Musiker und Schauspieler Holger Queck aus Sinzig steuerte künstlerische Beiträge zu der Feier bei.[12]

Den Mittelpunkt der Dauerausstellung bilden die im Rahmen der Sanierungsarbeiten entdeckten und geborgenen Genisa-Funde aus dem Nachlass der jüdischen Gemeinde vom Dachboden des Gebäudes. Ergänzt wird dieses Material um weitere historische Dokumente und Objekte aus dem Brohltal. Der Titel der Ausstellung lautet: „Jüdisches Museum – ehemalige Synagoge Niederzissen“. Da die Objekte dem Alltag der Juden in Niederzissen entstammen und der jüdische Alltag bis heute durch eigene Bräuche und Festtage geprägt ist, wurde für die Ausstellung der Titel „tagein tagaus“ gewählt. Sie ist unterteilt in eine Einleitung mit dem Titel „Auf Jahr und Tag“ und fünf Themeneinheiten: „Alltag“, „Werktag“, „Festtag/Gedenktag“, „Anderntags“ und „Heutzutage“. Der Bereich „Anderntags“ beleuchtet die dunklen Geschehnisse in der Zeit des Nationalsozialismus.[13]

Jubiläumsfeier: 175 Jahre nach der Einweihung[Bearbeiten]

Im September 2016 wurde der 175. Jahrestag der Einweihung der Synagoge gefeiert. Das Jubiläumswochenende begann mit einem Klezmerkonzert mit The Klezmer Tunes am Samstag, 3. September, um 19 Uhr. Am Sonntag, 4. September, folgte ab 14 Uhr die Jubiläumsfeier. Grußworte sprachen Heike Raab, Staatssekretärin der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Asham Friesen, Physik-Professor aus Tel Aviv, für die Nachfahren, der Kreisbeigeordnete Horst Gies, Verbandsgemeindebürgermeister Johannes Bell, Ortsbürgermeister Rolf Hans, Norbert Wagner, Vorsitzender des Fördervereins, und KHV-Vorsitzender Richard Keuler. Avadislav Avadiev, Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Rheinland-Pfalz und Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Koblenz, nahm ebenfalls an der Veranstaltung teil. Der jüdische Kantor Joseph Pasternak hielt zusammen mit Pfarrer Horst Küllmer von der evangelischen sowie Pfarrer i. R. Hans-Peter Müssenich von der katholischen Kirche einen interreligiösen Psalmvortrag. Musikbeiträge liefert der örtliche Jugendchor Big Bengels. Auch Gäste aus Mexiko, Südafrika, den Niederlanden, England und Israel haben ihre Teilnahme zugesagt.[14]

Siehe auch[Bearbeiten]

Mediografie[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]

Fußnoten

  1. Quelle: Richard Keuler: 10 Jahre Ennnerungs- und Begegnungsstätte - Ehemalige Synagoge Niederzissen, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 2022/23, 432 Seiten, Ahrweiler 2022, S. 208-211, S. 208
  2. Quelle: Rhein-Zeitung vom 7. Oktober 2010
  3. Quellen: Rhein-Zeitung vom 11. November 2009, und Hildegard Ginzler: Erste Synagoge im Kreis Ahrweiler – Bethaus, Schmiede, Kulturzentrum, general-anzeiger-bonn.de vom 30. August 2016
  4. Siehe auch: Rhein-Zeitung am 6. Juli 2009
  5. Quelle: Rhein-Zeitung vom 7. Oktober 2010
  6. Quelle: 70.000 Euro fürs "Haus der Kultur" in Niederzissen, rhein-zeitung.de vom 17. Dezember 2010
  7. Quelle: Pressemitteilung der Kreisverwaltung Ahrweiler vom 21. Januar 2011
  8. Quelle: General-Anzeiger vom 19. März 2012
  9. Quelle: General-Anzeiger vom 16. März 2012
  10. Quelle: Mitglieder des Kultur- und Heimatvereins Niederzissen: Viele helfende Hände für die Synagoge, general-anzeiger-bonn.de vom 10. April 2013
  11. Quelle: Rhein-Zeitung vom 29. Oktober 2013
  12. Quelle: Hans-Willi Kempenich: Niederzissen hat jetzt ein jüdisches Museum - Dauerausstellung mit Genisa-Funden vom Dachboden der ehemaligen Synagoge, in: Rhein-Zeitung vom 17. Oktober 2014
  13. Quelle: Rhein-Zeitung vom 1. September 2016
  14. Quelle: Rhein-Zeitung vom 1. September 2016, siehe auch: Sebastian Kirschner: Gedenken in Niederzissen: „Hier hat das Gute das Böse besiegt“, general-anzeiger-bonn.de vom 6. September 2016
  15. Besprechung: Hildegard Ginzler: Buchvorstellung „Stoffgeschichten“: Zeugnisse jüdischen Lebens in Niederzissen, ga.de, 4. April 2022