Schul- und Backhaus Löhndorf

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Das Gebäude an seinem ursprünglichen Standort in der Nähe des alten Torbogens in Löhndorf
Am heutigen Standort im Freilichtmuseum Kommern
Das Gebäude an seinem ursprünglichen Standort in Löhndorf
Backes Löhndorf 2.jpg
Der Nachfolger des ehemaligen Schul- und Backhauses dient heute als Gemeindehaus.

Das 1763 erbaute Schul- und Backhauses Löhndorf steht seit 1971 im Rheinischen Freilichtmuseum Kommern. Im ehemaligen Schulraum wird dort die Situation in der späten Kaiserzeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts dargestellt. Und in der einstigen Lehrerwohnung befindet sich eine Ausstellung zur Schulgeschichte.


Ursprünglicher Standort[Bearbeiten]

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Heutiger Standort[Bearbeiten]

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Chronik[Bearbeiten]

An heutigen Maßstäben gemessen, war die Schule im Backhaus nicht sonderlich komfortabel: Auf nur 30 Quadratmetern drängelten sich in einem einzigen Raum die Schüler sämtlicher Altersstufen, oft vom Qualm der im Untergeschoss liegenden Backöfen gestört. In der ersten Reihe saßen die Jüngsten, hinten die Älteren, von Lehrerpult aus streng überwacht. 1844 musste der Schulmeister 120 bis 130 Kinder gleichzeitig unterrichten. Lesen, Schreiben und Rechnen waren die einzigen Fächer, die die Kinder lernen sollten, und deshalb kam der Lehrer mit Kreidetafel und hölzerner Rechenmaschine aus. Neben dem Klassenraum befand sich die Lehrerwohnung, nicht mehr als 16 Quadratmeter groß. Eine Besonderheit, die in der Südeifel sowie im Westerwald häufiger anzutreffen war, ist die Kombination des Gemeindebackhauses („Backes“) mit der Dorfschule. Die Unterbringung beider öffentlicher Einrichtungen sowie der Lehrerwohnung in ein und demselben Gebäude senkte Bau- und Unterhaltskosten.

Weil dank einer großherzigen Stiftung ein Vikar, das war ein Frühmessner oder auch Küster, zum Schuldienst verpflichtet wurde konnte Schulunterricht in Löhndorf bereits ab 1696 erteilt werden. Für die Dörfer im Rheinland war das ungewöhnlich. Neben dem Vikar sicherten sich meist unausgebildete, des Lesens und Schreibens häufig kaum kundige Handwerker – wie Flickschuster oder andere Angehörige eher ärmerer Gewerke – durchs Unterrichten eine Nebeneinnahme.

Als dann im Jahre 1763 ein eigener Schulraum notwendig wurde, war es wirtschaftlicher Zwang, Schulstube, Lehrerwohnung und Backes in einem Gebäude unterzubringen. Es stand direkt neben dem noch heute erhaltenen zum Zehnthof führenden zum Torbogen.

Auch nach 1763, als Löhndorf das heute in Kommern stehende Schul- und Backhaus hatte, verlief der Unterricht noch lange Zeit ohne Regeln und Methode. Eine richtige Schulstelle erhielt Löhndorf erst im Jahr 1808. Viele Eltern zogen es aber weiterhin vor, ihre Kinder von einem Schneider unterrichten zu lassen.[1]

Die Enge des Schul- und Backhauses mussten Schüler und Lehrer in Löhndorf noch bis ins Jahr 1844 ertragen. Erst mit Kabinettsorder der preußischen Regierung vom 14. Mai 1825 wurde auch in Löhndorf die allgemeine Schulpflicht ab dem fünften Lebensjahr eingeführt. Durch die preußische Order kam es schnell zur Überfüllung der Schuleklein. Deshalb musste 1844 auf Kosten der Gemeinde eine neue Schule gebaut werden. Die Besetzung der Lehrerstellung übernahm fortan die Regierung, dennoch musste die Gemeinde weiter für die Entlohnung aufkommen. Das damals neu gebaute Schulhaus wird heute als Gemeindehaus genutzt.

Die Schulmeister, schlecht bezahlt und unzureichend ausgebildet, standen auf auf unterster Stufe der dörflichen Hierarchie. Noch 1814 stellte der damalige Direktor des Schulwesens am Mittelrhein, Josef Görres, fest: „In der Regel ist der Schweinehirt eine weit geehrtere Person im Dorfe als der Schullehrer.“ So ist es kein Wunder, dass der Löhndorfer Lehrer noch nach 1850 eine Nebentätigkeit als Küster, Organist und Baumwart, zuständig für die Dorfbäume im Gemeindebesitz, als Zubrot hatte. Die nach 1870 von einem Löhndorfer Lehrer verfasste Schulchronik berichtet: „Viele Kinder gingen nur im Winter zur Schule. Sie saßen an langen Tischen auf Bänken ohne Lehne. Im Winter brachten die Kinder das nötige Holz von Haus mit. Jeder trug seinen Scheid auf der Schulter zur Schule. Frau Lehrer saß meistens mit im Schulsaale bei den Kindern wenn sie Kartoffeln schälte oder Gemüse fegte. Und nicht selten ist es vorgekommen, dass sie dem Lehrer behilflich war, wenn einer der widerspenstigen Jungen zu züchtigen war.“

Lehrerseminare sorgten später allmählich für einen qualifizierteren Lehrernachwuchs. Durch behördliche Unterstützung stieg nun auch das Lehrerhonorar, für das die Gemeinde nach wie vor zu sorgen hatte. Der Lehrer wurde im preußischen Sinne nach und nach eine Respektsperson. Noch vielen Wandlungen war das Schulwesen unterlegen, ehe nach dem zweiten Weltkrieg, im Jahr 1970, die Schulgeschichte in Löhndorf endet. Die Grundschüler werden seit dem in Westum unterrichtet und die Oberstufen im Schulzentrum Sinzig.

Am 29. August 2013 wurde in Kommern das 250-jährige Bestehen des Gebäudes gefeiert. Für alle Löhndorfer war an diesem Tag der Eintritt ins Freilichtmuseum frei. Das Freilichtmuseum hatte für ein Programm für große und kleine Besucher vorbereitet. Morgens buk der Museumsbäcker im Gemeindebackraum im Kellergeschoss Brot und Kuchen. Kinder hatten die Möglichkeit, beim „Dorfschullehrer“ an einem Schulunterricht wie aus der Kaiserzeit teilzunehmen, und Erwachsene konnten sich in alten Schriften zu üben.

Der Löhndorfer „Amtmann“ überbrachte zur Schul-Einweihung Glück- und Segenswünsche des Kurfürsten. Feierlich sagte führte der Rentmeister und Amtsrichter Heinrich Ludwig Keiffenheim alias Kai-Ingo Weule, im „richtigen Leben“ freiberuflicher Geschichtspädagoge:

Ehrenwerter Herr Pastor, Herren des Gemeindevorstandes, Volk von Löhndorf. Unser allergnädigster Landesherr, Kurfürst Karl-Philipp Theodor der IV. von Pfalz-Sulzbach, Herzog von Jülich, hat beschlossen, sein Land zu einem strahlenden Hort der Bildung emporzuheben. Alle seine Landeskinder sollen unterwiesen werden in der Kunst des Lesens und Schreibens, um auf diese Weise den geistigen Wohlstand zu mehren.

Dann wurde der Frack tragende damalige Löhndorfer Ortsvorsteher Friedhelm Münch in sein Amt als Schulmeister eingeführt. Und der „Agrarökonom Johann Nepomuk von Schwerz“, Akteur der „Gespielten Geschichte“ im Freilichtmuseum, berichtete über die Schulverhältnisse in der Eifel zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

„Museumsbäuerinnen“ zeigten ab Mittag, wie die Löhndorfer Familien früher nach festem Stundenplan ihre Backvorräte für die nächsten zwei Wochen buken. Dabei erklärten sie auch, welche Rolle dabei die sogenannten „Mannsäckchen“ spielten. Das Löhndorfer Haus, das 1971 ins Freilichtmuseum kam, vereint zwei Funktionen unter einem Dach: Es ist Schule und Gemeindebackhaus zugleich.[2]

Weitere Fotos[Bearbeiten]

Video[Bearbeiten]

Mediografie[Bearbeiten]

Weblink[Bearbeiten]

kommern.lvr.de: Baugruppe Westerwald/Mittelrhein

Fußnoten