Bademantelgang in Bad Neuenahr

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Tag des offenen Bademantelganges am 21. April 2009. Vorne rechts im Bild: der damalige Kurdirektor Rainer Mertel.
Baustellenfoto vom 28. Juli 2008
Rückbau im September 2019

Der damalige Kurdirektor Rainer Mertel (†) und der damalige Wirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz, Hendrik Hering, eröffneten am 31. Januar 2009 den sogenannten Bademantelgang, der die Ahr-Thermen, das Thermalbadehaus und das Kurhotel Bad Neuenahr zum Ahr-Resort verband. Von der 2,8 Millionen-Euro-Investition übernahm das Land Rheinland-Pfalz 75 Prozent; den Rest trug die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr. Die Hoffnung damals: 600 bis 700 Gäste der Ahr-Thermen können auch bei Regen und Kälte zum historischen Badehaus und zum Steigenberger wechseln, um dort Kur-, Wellness- und Medical-Fitness-Angebote zu nutzen. Der Verbindungsgang wurde als unterirdische Vorzeigemeile gestaltet, die sich in sanften Wellen unter den Straßen von Bad Neuenahr hinzog und zum Schlendern vorbei an Kunstwerken und Vitrinen einludt – lichtdurchflutet, fußbodenbeheizt und klimatisiert. Doch die Verbindung wurde nicht wie kalkuliert genutzt. Bereits bei der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft im Sommer 2010 räumte der damalige Interimsvorstand Kreuter ein, dass sich die mit dem Bademantelgang verbundenen Erwartungen nicht erfüllt hätten. Nachdem die Aktiengesellschaft die Thermen verkauft hatte, erwägte das Mainzer Wirtschaftsministerium Anfang 2014 eine Rückforderung seines Zuschusses. Eine Entscheidung stand lange aus. Nachdem im Frühling 2016 Wasser in den 138 Meter langen Gang eingedrungen war, wurde er im April 2016 gesperrt. Über die Menge des eingedrungenen Wassers und die Schadenshöhe machten Jens Lieser, Insolvenzverwalter der Aktiengesellschaft, und sein Pressesprecher Pietro Nuvoloni mit Verweis auf ein anstehendes Beweissicherungsverfahren nach der Sperrung keine Angaben.


Chronik[Bearbeiten]

Eröffnung[Bearbeiten]

Kurdirektor Rainer Mertel (†) sah in dem Bademantelgang das Vehikel, um die drei Destinationen in Bad Neuenahr zu einem zeitgemäßen Ganzjahreserlebnis werden zu lassen. Der 138 Meter lange und drei Meter breite wellenförmige Flaniertunnel solle - lichtdurchflutet, fußbodenbeheizt und klimatisiert - die einzelnen Säulen des Heilbades zu einem Ensemble mit wetterunabhängigem Ganzjahresangebot verschmelzen. Mit dem Verbindungstunnel sei es gelungen, ein Resort zu schaffen - eine geschlossene Anlage, die Ahr-Thermen, Saunen, Medical Wellness, Medical Fitness, präventionsmedizinisches Coaching, Ernährungsberatung, Schönheitsbehandlungen, Hotelaufenthalt, Essen und Trinken quasi unter einem Dach vereint, hieß es bei der Eröffnung. "Die strategische Ausrichtung zum Ahr-Resort sichert den gesundheitstouristischen Standort Bad Neuenahr-Ahrweiler mit seinen Arbeitsplätzen für die Zukunft", erklärte Minister Hering. Mehr als zehn Jahre waren von der Idee bis zur Realisierung des 2,8 Millionen teuren Projekts vergangen.

Schon lange vor seiner Fertigstellung wurde der Verbindungsgang im Volksmund "Bademantelgang" genannt. Denn er ermöglicht es den Besuchern des Thermalbadehauses Bad Neuenahr, alle Angebote und Anwendungen der Ahr-Thermen zu erreichen, ohne dabei den Fuß nach draußen setzen zu müssen. Eingänge gibt es in den Ahr-Thermen und am Thermalbadehaus. Auf insgesamt 20.000 Quadratmetern würden "Medical Wellness, Fitness, Beauty- und Wohlfühlanwendungen auf höchstem Qualitätsniveau" geboten", warb die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr, "als kleinen Urlaub zwischendurch kann man hier einen ganzen Wohlfühl- und Fitnesstag verbringen." Der Verbindungsgang wurde als unterirdische Flaniermeile gestaltet, die sich in sanften Wellen über 138 Meter unter den Straßen von Bad Neuenahr hinzieht und zum Schlendern vorbei an Kunstwerken und Vitrinen einlädt.

Von der 2,8 Millionen-Euro-Investition in den "Bademantelgang" übernahm das Land Rheinland-Pfalz 75 Prozent, die restlichen 25 Prozent wurden von der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr aufgebracht. Weil diese Investition vornehmlich Wohlhabenden zugute komme, war das Engagement des Landes an diesem Projekt nicht unumstritten. Mit dem Verbindungsgang werde ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen, von dem die ganze Region partizipiere, sagte Mertel. Das rechtfertige auch, dass die öffentliche Hand mit mehr als zwei Millionen Euro beteiligt sei.

Der Bademantelgang könne für die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr (AGBN) "zum Bumerang werden, der das angeschlagene Unternehmen empfindlich trifft", schrieb Frieder Bluhm am 22. August 2013 in der Rhein-Zeitung. Zumindest erweise sich der Verbindungstunnel "mehr und mehr als Klotz am Bein." Wenn die Stadt das AGBN-Angebot zum Kauf der Ahr-Thermen und die Aktiengesellschaft die Thermen schließt, müsse sie möglicherweise "öffentliche Fördergelder zurückbezahlen, die das private Unternehmen vom Land erhalten hat." Der Verbindungsgang müsse mindestens bis 2029 nutzbar bleiben; so lange sei die Laufzeit des Zuschusses. Erst danach wäre die AGBN vor Rückzahlungsforderungen sicher. Die Hoffnungen, die sich an den Gang knüpften, wurden enttäuscht. Bereits die Bauarbeiten für den Bademantelgang hielten Besucher fern und das Defizit der Ahr-Thermen stieg. Bei der Hauptversammlung im Sommer 2010 räumte Prof. Dr. Hansheinz Kreuter, zu dieser Zeit Interimsvorstand der AGBN, ein, die mit dem Bademantelgang verbundenen Erwartungen hätten sich nicht erfüllt.[1]

Wirtschaftsministerium erwägt Regressforderung[Bearbeiten]

Das rheinland-pfälzische Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung prüfe eine Rückforderung der Zuschüsse zum Bau des Bademantelgangs, meldete die Rhein-Zeitung (RZ) am 10. Januar 2014. Im März 2007 hatte das Ministerium die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr mit 2,2 Millionen Euro für den Bau dieses unterirdischen Verbindungsganges zwischen dem Thermalbadehaus und Ahr-Thermen unterstützt. Die Bewilligung war mit der Vorgabe einer 20-jährigen Zweckbindung des Zuschusses ab Abschluss der Maßnahme verbunden, also bis 2029. „Nach den vorliegenden Presseberichten sowie von Aussagen Verantwortlicher der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr in den Medien zu einer Schließung der Ahr-Thermen zum 31.12.2013 sowie zu einem möglichen Rückbau der Immobilie besteht aus Sicht des Wirtschaftsministeriums die Gefahr, dass die gewährten Fördermittel nicht mehr zweckentsprechend verwendet werden“, hieß es in einer Pressemitteilung des Ministeriums vom 9. Januar 2014. Aus förderrechtlicher Sicht sei es daher geboten, die Sachlage aufzuklären und Konsequenzen bis hin zu einer Rückforderung des gewährten Zuschusses zu prüfen. Hierzu habe das Wirtschaftsministerium eine förmliche Anhörung als Voraussetzung für die noch erforderliche Prüfung einer Rückforderung eingeleitet. „Auf die AGBN könnte jetzt – unter Anrechnung einer zeitweiligen Einhaltung der Zweckbindung – eine Rückförderung in Höhe von 1,7 bis 2 Millionen Euro zukommen“, schrieb die RZ.[2]

Tunnel wird wegen eindringenden Wassers gesperrt – Sanierung oder Rückbau?[Bearbeiten]

Weil Wasser in den Verbindungstunnel eingedrungen sei, sei der Bademantelgang „bis auf Weiteres geschlossen“, berichtete die Rhein-Zeitung (RZ) am 11. Mai 2016. Pumpen würden derzeit das Wasser wieder aus dem Gang des im April 2016 geschlossenen Ganges befördern. Über die Schadenshöhe und die Menge des eingedrungenen Wassers hätten Insolvenzverwalter Jens Lieser und sein Pressesprecher Pietro Nuvoloni keine genauen Angaben machen können. „Wegen der Elektrik war eine Gefahr für die Besucher nicht auszuschließen, deshalb mussten wir den Gang schließen“, sagte Nuvoloni der RZ. Unklar seien sowohl die Ursache für den Wassereinbruch als auch das Datum der Wiedereröffnung des 138 Meter langen Ganges. Zunächst werde ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt, in dem etwaige Baumängel dokumentiert werden, damit gegen die bauausführenden Firmen gegebenenfalls Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. Dazu werde ein gerichtlich bestellter vereidigter Sachverständiger herangezogen. Anschließend werde der Tunnel saniert. Die Stadt lege Wert auf die Feststellung, dass der Bademantelgang „vollumfänglich im Eigentum der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr“ stehe, berichtete die Rhein-Zeitung. Die Aktiengesellschaft sei für Betrieb und Unterhaltung des Tunnels verantwortlich. Der Gang quere zwar städtische Grundstücke, die im Juli 2014 von der Stadt gekauft wurden, beispielsweise das Grundstück der Ahr-Thermen. Doch für diese Grundstücke seien im Grundbuch Dienstbarkeiten eingetragen, die es der Aktiengesellschaft erlauben, einen unterirdischen Verbindungsgang „zu haben, zu belassen, zu betreiben und zu nutzen beziehungsweise von Dritten nutzen zu lassen“. Außerdem sei dort festgehalten, dass die Aktiengesellschaft sämtliche Kosten zur Erhaltung und Instandhaltung sowie sogar eines möglichen Rückbaus und der Entsorgung tragen muss. Außerdem trage die AGBN die Verkehrssicherungspflicht im Verbindungstunnel. Im übrigen hätten sich die hochgesteckten Erwartungen, die mit dem Bademantelgang verknüpft waren, nie erfüllt, berichtete die RZ weiter. Der Tunnel werde von etwa 500 Badegästen monatlich genutzt.[3]

Eine Sanierung des 138 Meter langen Tunnels würde rund 600.000 Euro kosten. Etwa genauso teuer wäre ein Rückbau. Im Falle eines Rückbaus müssten allerdings von den mehr als 2,3 Millionen Euro Landesförderung (bis 2029 zweckgebunden) rund 1,4 Millionen Euro zurückgezahlt werden. Deshalb würde ein Rückbaus die Aktiengesellschaft als Eigentümerin insgesamt rund zwei Millionen Euro kosten.[4]

general-anzeiger-bonn.de griff am 25. August 2017 das Gerücht auf, dass der Tunnel zurückgebaut werde und dass dieser Rückbau 600.000 Euro koste. Pressesprecher Pietro Nuvoloni sagte dem General-Anzeiger auf Anfrage:

Der Bademantelgang ist aus Sicherheitsgründen bis auf Weiteres gesperrt worden. Ein öffentlich bestellter und vereidigter Bausachverständiger wird im Zuge eines Beweissicherungsverfahrens den Sachstand und die Ursachen dokumentieren. Das Beweissicherungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Selbstverständlich wird sich daher mit dem weiteren Umgang mit dem Bademantelgang befasst. Finale Entscheidungen sind aber noch nicht getroffen.[5]

Die „Crux an der Sache“ sei, wie es bei general-anzeiger-bonn.de weiter hieß:

Die Bezuschussung des Tunnels durch das Land war mit der Vorgabe einer 20-jährigen Zweckbindung der Mittel, also bis 2029, nach Abschluss der Maßnahme verbunden. Ergo könnte bei einem Rückbau Mainz seinen Zuschuss von 2,3 Millionen Euro zumindest zu mehr als der Hälfte zurückfordern. Und so würde der Rückbau die AG als Eigentümerin rund zwei Millionen Euro kosten. Geld, das die insolvente AG aber nicht hat und ein potenzieller Investor bestimmt nicht übernehmen will.

Eine Million für den Rückbau[Bearbeiten]

Am 14. September 2019 berichtete die Rhein-Zeitung (RZ) über den etwa eine Million Euro teuren Rückbau des Tunnels, der ab 2016 unter Wasser gestanden hatte. Die Kosten dafür würden von der neuen Aktiengesellschaft Bad Neuenahr, die auf ihrem Grundstück eine Wellnessoase für das Steigenberger Kurhotel bauen wolle. „Am Ende werden die Ahr-Thermen, die die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler im Jahr 2014 für knapp drei Millionen Euro der damaligen Aktiengesellschaft abgekauft hat, wieder abgenabelt sein,“ hieß es in dem Beitrag von RZ-Redakteurin Beate Au.[6] Der General-Anzeiger berichtete, der Landeszuschuss von 2,29 Millionen Euro sei „bereits im Rahmen des Insolvenzverfahrensplanes an das Land zurückgeflossen“.[7]

Rückbau im September 2019[Bearbeiten]

Mediografie[Bearbeiten]

Fußnoten

  1. Quelle: Frieder Bluhm: Bademantelgang: Verbindungstunnel ist jetzt Klotz am Bein, rhein-zeitung.de vom 22. August 2013
  2. siehe auch: Bademantelgang in Bad Neuenahr: Mainz prüft Zuschuss an die AGBN, general-anzeiger-bonn.de vom 10. Januar 2014
  3. Quelle: Frieder Bluhm: Wassereinbruch: Bademantelgang geschlossen – Beweissicherungsverfahren soll jetzt etwaige Baumängel dokumentieren – Nachteile für Ahr-Thermen und Kurhotel, in: Rhein-Zeitung vom 11. Mai 2016
  4. Quelle: Frieder Bluhm/Uli Adams: AG-Pleite: Aktionäre verlieren alles – Eigenkapital der Stadt schrumpft, in: Rhein-Zeitung vom 27. Mai 2016
  5. Quelle: Günther Schmitt: Personentunnel an der Ahr: Bademantelgang in Bad Neuenahr bis auf Weiteres gesperrt, general-anzeiger-bonn.de vom 25. August 2017
  6. Quelle: Beate Au: Ein teurer Traum wird endgültig begraben – Bademanteltunnel sollte Bad Neuenahr in die Zukunft bringen, jetzt wird er zurückgebaut], in: Rhein-Zeitung vom 14. August 2019
  7. Quelle: Günther Schmitt: Bauarbeiten in der Kurstadt: Bagger reißen Bademantelgang in Bad Neuenahr ab, general-anzeiger-bonn.de, 2019