Dieter Klaus Klein

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Improvisierte Erinnerung im Kurpark Bad Breisig
Der im Juli 2021 enthüllte Gedenkstein
Bad Breisig - Heinz Grates (366).jpg

Der aus Overath stammende Dieter Klaus Klein (* ca. 1943, † 31. Juli 1992 in Bad Breisig) war obdachlos. In der Nacht vom 31. Juli auf den 1. August 1992 hatte der zu dieser Zeit 49-Jährige im Kurpark Bad Breisig gezecht und sich auf ein Mäuerchen gelegt, das den Springbrunnen umgibt. Dann ist er von rechtsextremen Skinheads – einer ist Hilfsarbeiter aus Sinzig, der andere Azubi aus Bad Breisig – ermordet worden. Dieser Mord wird in mehreren Statistiken als einer von mehr als 140 Todesopfern rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung Deutschlands geführt.


Tatort[Bearbeiten]

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Die Ermordung und die jahrzehntelange Diskussion um ein angemessenes Gedenken[Bearbeiten]

Was lange währt, wird endlich gut? Meint jedenfalls der Volksmund. Im Falle von Dieter Klaus Klein etwa, der vor genau 30 Jahren im Bad Breisiger Kurpark ermordet wurde, dauerte diese Phase fast 28 Jahre. Der aus Overath stammende Obdachlose hatte am Abend des 31. Juli 1992 in dem Park gezecht, bevor er sich auf ein Mäuerchen an der Brunnenanlage legte und einschlief. Bald wurde er von zwei 17-Jährigen geweckt, Patrick B. und Stefan H., die mit „Sieg Heil“-Rufen durch den Park zogen. Als der 49-jährige Obdachlose die jungen Neonazis – der eine Hilfsarbeiter aus Sinzig, der andere Azubi aus Bad Breisig – zur Rede stellt, treten die ihn zusammen und erstechen ihn mit einem Kampfmesser.

Im Jahr darauf werden die beiden Täter zu Haftstrafen verurteilt - der eine zu acht Jahren und drei Monaten, der andere zu sechs Jahren und drei Monaten. Bei beiden traf das Jugendstrafrecht zu und beide wurden später frühzeitig aus der Haft entlassen. Dann geschieht viele Jahre lang nichts. Bis Antifa-Aktive aus der Region im Jahr 2010 am Tatort eine improvisierte Gedenktafel und Grablichter aufstellen, Transparente aufhängen und so darauf aufmerksam machen, dass am Tatort nichts an den Mord erinnert.

Weitere sieben Jahre vergingen – bis auch Marion Morassi, damals Direktkandidatin der Linken im heimischen Wahlkreis bei der Bundestagswahl, die Stadt Bad Breisig anlässlich des 25. Jahrestages der Ermordung von Dieter Klaus Klein im Juli 2017 aufforderte, am Tatort eine Mahntafel anzubringen. Und Aktivisten und linke Kommunalpolitiker stellten am 25. Jahrestag am Tatort einen Gedenkstein auf. Weil sie das ohne Genehmigung der Stadt als Kurpark-Eigentümerin taten, ließ die den Stein dann aber wieder entfernen.

Nach einem Beschluss ihres Rates stellte die Stadt im Dezember 2018, also nur wenige Monate später, im Kurpark selbst eine Gedenkstele auf. Deren Inschrift erinnerte aber nicht explizit an Dieter Klaus Klein, sondern an sämtliche Opfer rechter Gewalt. Ratsmitglied Elmar Lersch (CDU) hatte zuvor argumentiert, jede Gewalttat sei zu verdammen. Da brauche die Ermordung von Dieter Klaus Klein nicht separat hervorgehoben werden. Und Dirk Herminghaus (FDP) ergänzte, die Erinnerung an die Untat solle „in den Köpfen verankert werden, nicht auf Steinen“.

Aber nicht Alle wollten dieser Argumentation folgen. Zum Beispiel Demonstranten, die im Juli 2019 erneut forderten, dass für das Mordopfer eine eigene Tafel aufgestellt wird. „Gerade in Zeiten, in denen sie immer schlimmer wird, sollten wir deutlich machen, dass wir rechte Gewalt in Bad Breisig nicht dulden“, begründete Sebastian Goerke den Sinneswandel bei der SPD. Trotzdem entschied sich der Stadtrat mit sechs Stimmen gegen die Aufstellung. Und dafür, dass das Thema nicht noch einmal im Stadtrat aufgegriffen wird.

Dann aber setzte ein Sinneswandel ein. Wenige Wochen später beschloss der Stadtrat, nun doch eine Tafel aufzustellen, die explizit an Kleins Ermordung erinnert. Der Beschluss fiel allerdings nur mit knapper Mehrheit: neun Ratsmitglieder votierten für die Tafel, davon keine von CDU und FWG, und acht dagegen. Außerdem gab es fünf Enthaltungen. Zünglein an der Waage war die FDP. Fraktionssprecher Dirk Herminghaus damals: eine Gedenktafel sei „deshalb sinnvoll, weil sie auf ein perfides Verbrechen mit nationalsozialistischem Hintergrund hinweist. Dass eben nicht während des Krieges, sondern in der Neuzeit stattgefunden hat.“

So kam es, dass der erst wenige Monate zuvor ins Amt gewählte neue Bürgermeister Marcel Caspers im Juni 2021 am Tatort den lange geforderten Gedenkstein mit expliziter Erinnerung an Dieter Klaus Kleins Ermordung enthüllte. Die Inschrift lautet:

Hier wurde Dieter-Klaus Klein am 31.7.1992 Opfer einer neonazistischen Gewalttat. Zur Erinnerung und Mahnung.

Caspers, parteilos, aber von der CDU nominiert, erinnerte bei der Enthüllung aber daran: „Obwohl vieles, was in der damaligen Nacht geschah, bis heute nicht lückenlos geklärt ist, gehen Mitglieder der Antifa-Bewegung davon aus, dass der nicht sesshafte Mann seinerzeit Opfer rechtsradikaler Gewalt wurde.“ Das Gericht habe im damaligen Mordprozess gegen die beiden Täter keinen politischen Hintergrund der Tat gesehen.

Expertin zu Gast[Bearbeiten]

Die Journalistin Heike Kleffner, heute Leiterin der Geschäftsstelle des Verbandes der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Berlin, stellte den Mord an Dieter Klaus Klein bei einem Vortrag im November 2017 im Hotel „Rheinischer Hof“ in Bad Breisig in den Kontext der Stimmung in den frühen 1990er-Jahren, in der Gewaltverbrechen von Neonazis an Flüchtlingen, Gastarbeitern, Migranten, Linken und Wohnungslosen „fast an der Tagesordnung“ gewesen seien. Die Taten von Rostock-Lichtenhagen, Solingen, Hoyerswerda und Mölln hätten sich „als deutsche Schande eingebrannt.“ Und Kleffner kritisierte die damalige Bundesregierung, die Klein immer noch nicht als Opfer rechter Gewalt anerkannt habe – ebenso wie viele andere seiner Schicksalsgenossen. Aber es gebe auch Gegenbeispiele in der Region: In Koblenz und Hachenburg etwa seien 2014 Gedenksteine aufgestellt worden – für einen Kurden und einen Antifaschisten, die beide von Neonazis ermordet worden waren. Kleffner sagte, viele Täter, denen nach wie vor die SS als Vorbild diene und die sich als „politische Soldaten gegen den vermeintlichen Multikulti-Wahn“ fühlten, seien von gesellschaftlichem Rückhalt ausgegangen. Auch deshalb, „weil die Strafverfolgungsbehörden bei einigen Gewaltakten wie in Rostock gar nicht oder erst nach Tagen eingriffen“. Die Täter seien in den frühen 1990er Jahren durch mangelnde Strafverfolgung zu Gewalttaten geradezu ermutigt worden: „Die Generation Pogrom war der Ansicht, dass sie schwerste Straftaten begehen konnte, ohne bestraft zu werden.“

Mediografie und Quellen[Bearbeiten]

Quellen[Bearbeiten]

Fußnoten