Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler
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Das Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler ist eines von 15 Amtsgerichten in Zuständigkeit des Landgerichts Koblenz und eines der insgesamt 46 Amtsgerichte in Rheinland-Pfalz. Neben dem Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler gibt es im Kreis Ahrweiler das Amtsgericht Sinzig. Die 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtsgerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler bearbeiten nicht nur Strafsachen, sondern auch Nachlass- und Familienangelegenheiten, Betreuungsfälle und Grundbuchfragen. Rund 80 Prozent aller Zivilstreitigkeiten werden in den rheinland-pfälzischen Amtsgerichten abschließend behandelt, nur 20 Prozent gehen weiter zum Landgericht.
Anschrift
Wilhelmstraße 55-57
53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler (Stadtteil Ahrweiler)
Kontakt
- Telefon 02641 971-0
- Fax 02641 971-100
- E-Mail agaw@ko.jm.rlp.de
Personal
Direktor(in): Dr. Susanne Dreyer-Mälzer, Vorgänger: Jürgen Powolny (ab 17. März 1995), Paul Gilles (bis 1995, insgesamt 21 Jahre lang)
Richter:
Rechtspfleger: Herr Becker (leitet Zwangsversteigerungen)
Medienrefernt: Jürgen Powolny, Direktor des Amtsgerichts
Gebäude
Das späthistoristische Gerichtsgebäude gegenüber dem Bahnhof Wilhelmstraße, ein zweigeschossiger Tuffquaderbau, wurde im Jahr 1907 als Preußisches Amtsgericht erbaut.
(Ehemalige) Mitarbeiter
Chronik
Das älteste erhaltene Schöffengerichtssiegel von Ahrweiler stammt aus dem Jahr 1323. Die Rechtsordnung wurde im mittelalterlichen Ahrweiler gewahrt durch ...
- die Geschworenen der Hofgedinge des Blankenheimer Hofes, die jährlich drei oder vier mal tagten,
- das städtische Schöffengericht, das aus sieben auf Lebenszeit gewählten Schöffen bestand, die auch dem Stadtrat angehörten, und
- das kirchliche Sendgericht.
1816 erhielt die neugebildete Kreisstadt Ahrweiler ein sogenanntes „Friedensgericht“, das 1879 den Namen „Amtsgericht“ erhielt und zu dem auch ein Schöffengericht gehört(e). Das Ahrweiler Friedensgericht tagte in den oberen Räumen des nach dem Zweiten Weltkriegs durch einen Neubau ersetzten Ostflügels des Hauses Wolff, wobei sich die Stube des Gerichtsschreibers in dem heute noch erhaltenen Erker befand, sowie im Weißen Turm in Ahrweiler. Später zog es in einige Räume des 1978 aufgelösten Ahrweiler Rathauses, das damals noch im Besitz der Familie Staud war, die dort eine Apotheke betrieb. Im Jahr 1904 zog das Amtsgericht in das eigene Gerichtsgebäude an der Wilhelmstraße. Das Bürgermeisteramt zog daraufhin im Jahr 1907 aus dem Hause der später Drogerie „Zum alten Rathaus" in das zuvor von der Stadt Ahrweiler käuflich erworbene Staud'sche Haus um.[1]
Am 14. Juli 1947 fällte das Amtsgericht Ahrweiler das letzte Todesurteil in Deutschland. Vollstreckt wurde es nicht. Denn als die zweifache Kindsmörderin Irmgard K. aus Hemmessen zwei Jahre später per Fallbeil hingerichtet werden sollte, trat das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in Kraft.
Der rückwärtige Neubau entstand in den 1990er Jahren.
Im Jahr 2006 bearbeitete das Amtsgericht insgesamt 846 Strafsachen.
Das Gericht bearbeitet rund 2300 Fälle jährlich (2017: 696 Zivilsachen, 398 Familiensachen sowie 1220 Straf- und Bußgeldsachen). Dividiert man diese durch die nach dem Stellenplan im Amtsgericht beschäftigten 5,5 Richter, so macht dies 418 Fälle pro Richter aus. Das Amtsgericht verfügt auch noch über ein Schöffengericht, das Haftstrafen bis zu vier Jahren aussprechen kann.[2]
Nach dem Ahr-Hochwasser vom 14./15. Juli 2021
Das Ahr-Hochwasser vom 14./15. Juli 2021 drang auch in das Gerichtsgebäude ein. Computeranlage, Heizung und Arrestzellen wurden zerstört. Außerdem sind etwa 1800 laufende Regalmeter Akten durchnässt und verschlammt worden. Sie müssen teils noch für Jahrzehnte aufbewahrt werden. Bei Kindschaftssachen zum Beispiel endet die Frist erst nach 70 Jahren. Deshalb sind Experten mit Spezialtechnik gefragt, um die Dokumente noch zu retten. Etwa 1000 Regalmeter Akten, die feucht, aber nicht völlig durchnässt waren, wurden von Ahrweiler aus auf 120 Paletten zur Justizvollzugsanstalt Wittlich transportiert und dort zum Trocknen gelagert. Weitere 250 Regalmeter Akten, die nach der Flut einzeln von Freiwilligen aus der Justiz in Folien verpackt worden waren, liegen im Juli 2022 im Bundesarchiv Koblenz auf Eis, womit die Kapazitäten dort ausgereizt waren. Weitere 600 Regalmeter sind deshalb bei einem privaten Dienstleister eingefroren worden.[3]
Weitere Fotos
Ansicht ca. 1930 und 2016
Mediografie
- Paul Krahforst: Stadtverfassung und Gerichtswesen im alten Ahrweiler - Vom 13. Jahrhundert bis 1794, Beiträge zur Stadtgeschichte, Band 7, ISBN 10 3980250881, ISBN 13 9783980250887
- Udo Konz: Interesse oder Neugier? Ein nicht alltägliches Gerichtsverfahren, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1983
- Horst Bach: Gerichtsvollzieher rücken 6000 Mal im Jahr aus, rhein-zeitung.de vom 11. August 2011
- Günther Schmitt: Amtsgericht Ahrweiler: Richter fordern Einsatz von Metalldetektoren, general-anzeiger.de vom 3. März 2012
- Jochen Tarrach: Amtsgerichtsdirektor erklärt: Was macht ein Schöffe?, rhein-zeitung.de vom 25. April 2018
- Victor Francke: Justizministers lobt Umgang mit Flut: Ahrweiler Amtsgericht kehrt nach der Katastrophe zur Normalität zurück, ga.de, 20. Januar 2023
- Beate Au: Amtsgericht Ahrweiler: Das lange Warten auf trockene Akten nach der Flut, rhein-zeitung.de, 20. Januar 2023
- Sven Westbrock: Präsident des Bundesverfassungsgerichts: Stephan Harbarth besucht flutgeschädigtes Amtsgericht in Ahrweiler, ga.de, 30. Januar 2023
- Tim Kosmetschke: Arrestzelle als Hoffnungsschimmer: Wie das flutgeplagte Amtsgericht in Ahrweiler zurück zur Normalität kommt, rhein-zeitung.de,
Weblinks
Fußnoten
- ↑ Quelle: Das Ahrweiler Amtsgericht, in: Männergesangverein Ahrweiler 1861 e.V. (Hrsg.): Ahrweiler Bilderbogen, Ahrweiler 1981, 112 Seiten, S. 91
- ↑ Quelle: Victor Francke: [http://www.general-anzeiger-bonn.de/region/ahr-und-rhein/bad-neuenahr-ahrweiler/Amtsgericht-Ahrweiler-bearbeitet-j%C3%A4hrlich-2300-F%C3%A4lle-article3929423.html Justiz im Kreis Amtsgericht Ahrweiler bearbeitet jährlich 2300 Fälle], general-anzeiger-bonn.de vom 28. August 2018
- ↑ Quelle: Ursula Samary: Gerichtsakten aus dem Ahrtal: Warum sie tiefgefroren werden mussten, rhein-zeitung.de, 27. Juli 2022, S. 3