Heinrich Böll

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1982 trug sich Heinrich Böll (r.) im Steigenberger Hotel in Bad Neuenahr ins Goldene Buch der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler ein. Links im Bild: Winfried Schneider, Beigeordneter der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Heinich Böll bei einer Pressekonferenz am 22. Dezember 1981 in Bonn
Steinfelder Gasse

Heinrich Theodor Böll (* 21. Dezember 1917 in Köln, † 16. Juli 1985 in Kreuzau-Langenbroich), einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller der Nachkriegszeit, hielt sich in den Kriegsjahren 1943/44 zeitweise im heute nicht mehr bestehenden Hotel „Vier Winde“ gegenüber dem Altes Zunfthaus an der Oberhutstraße in Ahrweiler auf – zusammen mit seinem Vater Viktor, seiner Mutter Maria, Tochter Mechthild und Ehefrau Annemarie. Außerdem hielt sich Böll, der von 1939 bis 1945 Soldat war, zeitweise in Lazaretten in Ahrweiler und Bad Neuenahr auf. Die Kriegsbriefe Heinrich Bölls, in denen Ahrweiler in den Jahren 1943/1944 eine wichtige Rolle spielt, sind bedeutende literarische Zeugnisse aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges.[1]


Vita[Bearbeiten]

Ab dem 29. Juni 1943 bewohnte die in Köln ausgebombte Familie Böll in dem von der Familie Mies geführten, heute aber nicht mehr bestehenden Hotel „Vier Winde“ gegenüber dem Altes Zunfthaus an der Oberhutstraße in Ahrweiler ein Doppel- und zwei Einzelzimmer. In einem Brief Heinrich Bölls vom 17. Juli 1943 von der Kanalküste taucht zum ersten Mal der Ortsname Ahrweiler auf. Böll macht sich darin Sorgen um seine in Köln ausgebombte Familie und deren Übersiedlung nach Ahrweiler. Das Böll-Archiv hat zudem in seinen Beständen Fotos, die Heinrich Böll mit Familienangehörigen in Ahrweiler zeigen. Er war in dieser Zeit wiederholt in Ahrweiler, so auch im März 1944 zu einem 14-tägigen Erholungsurlaub. Während der Kriegszeit schrieb Heinrich Böll beinahe täglich Briefe – zunächst an seine Familie, später an seine Freundin Annemarie Cech, die er 1942 heiratete.

Annemarie Böll, die von Ahrweiler aus täglich nach Köln zur Städtischen Realschule am Rothgerberbach fuhr, wo sie Lehrerin war, schrieb im Vorwort einer Ausgabe der Kriegsbriefe ihres Mannes über diese bewegte Zeit:

Die Eltern Böll mussten sich auf Dauer in einem Hotelzimmer in Ahrweiler einrichten, in dem sie Zuflucht gefunden hatten. Meine Schwägerin Mechthild und ich fanden ebenfalls Unterschlupf in dem kleinen ehemaligen Gasthaus, das teilweise von Militär, teilweise von Fliegergeschädigten aus Köln und dem Ruhrgebiet bis unter das Dach belegt war. Von dort aus fuhren wir täglich zu dritt, mein inzwischen 75-jähriger Schwiegervater, meine Schwägerin und ich, nach Köln. Die Züge waren überfüllt mit Menschen, die beruflich noch in Köln festgehalten wurden, dort aber keine Wohnung mehr besaßen oder wegen der ständigen Fliegergefahr ihre Familien aufs Land gebracht hatten. Die Nächte in Ahrweiler waren ruhig, aber 1944 wurden die Tieffliegerangriffe bei Tage immer häufiger. Im November starb meine Schwiegermutter - Heinrich Böll lag zu dieser Zeit im Lazarett in Bad Neuenahr. Wegen der immer bedrohlicher werdenden Lage entschlossen wir uns, auf die rechte Rheinseite zu wechseln, wo mein Schwager Alois in dem Dorf Marienfeld bei Much eine Unterkunft für seine Familie gefunden hatte. Dort erlebten wir das Kriegsende.

Wie Heinrich Böll mit viel Glück, kleinen Tricks, Fälschungen von Entlassungspapieren aus dem Lazarett und Umdatierungen von Kriegsurlaubsscheinen den Krieg überlebte, hat er dann in dem Brief an meine Söhne oder vier Fahrräder aus dem Jahre 1984 beschrieben. Auf einer Odyssee von Ungarn über viele Stationen und Umwege nach Ahrweiler und Bad Neuenahr traf er im September 1944 zufällig in der Bahnunterführung in Remagen seine Frau Annemarie.

Die zu dieser Zeit 67 Jahre alte Mutter von Heinrich Böll litt an einer schweren Knochenkrankheit. Deshalb musste sie bei Fliegerangriffen in Ahrweiler in den Luftschutzkeller getragen werden. Nachdem Bölls Mutter am 3. November 1944 gestorben war, wurde sie am 7. November auf dem Ahrtor-Friedhof in Ahrweiler beigesetzt. Heinrich Böll selbst lag im Jahr 1944 zeitweilig mit hohem Fieber in der Dr. von Ehrenwall’schen Klinik in Ahrweiler. Die Klinik wurde ab Kriegsbeginn 1939 mit 120 Betten von der Wehrmacht als Reservelazarett genutzt. Böll hielt sich kurz in Dresden auf, bevor er im Oktober 1944 zu einem bis zum 19. Oktober dauernden Genesungsurlaub nach Ahrweiler zurückkehrte. Wegen eines erneuten Fieberanfalls, den er vermutlich bewusst herbei geführt hatte, wurde Böll am 21. Oktober 1944 in das Lazarett 2/612 in Bad Neuenahr aufgenommen. Aus diesem „Gefängnis“, wie er es nannte, schreibt Heinrich Böll drei Briefe an seine Frau und macht sich Sorgen um seine Familie:

Ihr werdet wieder in dem kalten kleinen Bunker sitzen, denn draußen brummen die Flieger. Hoffentlich könnt ihr bald nach oben gehen und ins warme Bett kriechen. Ach, grüße Mutter besonders innig von mir.

Nachdem seine Mutter am 3. November verstorben war, wurde Heinrich Böll am 6. November aus dem Lazarett entlassen. Bis zum 17. November 1944 hatte er Sonderurlaub. An diesem Tag zog die Familie Böll von Ahrweiler nach Marienfeld um. Dass Böll sehr an seiner Mutter gehangen hatte, verdeutlichen zwei Briefstellen. Aus der Krankenverteilungsstelle Bonn schrieb er am 24. November 1944 an seine Frau:

Sehr traurig macht's mich auch, vom Vater und den anderen getrennt zu sein, wo Mutter tot ist. Ich kann kaum ohne Tränen an das Grab in Ahrweiler denken und an Vaters Einsamkeit.

Auf den 9. Januar 1945 datiert ist ein Brief aus Ludwigshafen:

Oft denke ich auch an den Ahrweiler Friedhof, ob Mutters Grab noch da ist, ob sie Ruhe gehabt hat. Wenn ich noch einmal Urlaub bekomme, werde ich versuchen, nach Ahrweiler abzustechen.

Beim Bombenangriff auf Ahrweiler am 29. Januar 1945 wurde das Haus zerstört. Auch der Ahrtor-Friedhof wurde von Bomben verwüstet, aber das Grab von Bölls Mutter blieb unversehrt. An diesem Tag fiel auch das Ahrtor zusammen, die Ahrhutstraße war nach einem Bombenteppich nur noch Schutt und Asche. Die Familie Böll war aber bereits am 17. November 1944 nach Marienfeld umgezogen.

Am 9. April 1945 geriet Heinrich Böll bei Waldbröl in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Anschließend war er für kurze Zeit im Kriegsgefangenenlager „Goldene Meile“, aber auch in Namur, Attichy und anderen Lagern, bevor er am 15. September 1945 in Bonn aus dem städtischen Durchgangslager auf der Hofgartenwiese entlassen wurde.

1982 kam Heinrich Böll, inzwischen Nobelpreisträger, zu einem Besuch an die Ahr zurück. Bei dieser Gelegenheit trug er sich im Beisein des damaligen Ersten Beigeordneten Winfried Schneider in seinem Zimmer im Kurhotel Bad Neuenahr ins Goldene Buch der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler ein.

Einige Jahre später beteiligte sich Böll an einer Friedensdemonstration vor dem Ausweichsitz der Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland in Marienthal.[2]

Der General-Anzeiger (GA) berichtete am 5. Januar 2019 von dem städtischen Vorhaben, an geeigneter Stelle eine Tafel zur Erinnerung an Bölls Aufenthalt an der Ahr anzubringen. In dem Beitrag von GA-Redakteur Günther Schmitt heißt es:

Einen definitiven Standort gibt es noch nicht. Da aber die Ehrenwall-Klinik als einziges Gebäude aus der damaligen Zeit noch erhalten ist, wird sie wohl dort angebracht werden. An der Stelle des Bad Neuenahrer Reservelazaretts steht heute das Krankenhaus Maria-Hilf. Und der frühere Standort des Hotels „Vier Winde“ dient als privater Parkplatz. Das Haus wurde nie wieder aufgebaut.

Mediografie[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]

Fußnoten

  1. Quellen: Horst Happe: Böll, Bombennächte und seine Briefe, general-anzeiger-bonn.de vom 24. Januar 2008, und Jochen Tarrach: Literaturnobelpreisträger: Was Ahrweiler mit Heinrich Böll verbindet, rhein-zeitung.de vom 13. Januar 2018
  2. Quelle: Fotoausstellung im Regierungsbunker: Wo Böll und Beuys im Ahrtal protestierten, general-anzeiger-bonn.de vom 7. September 2012