Skulptur „Das alte und das junge Sinzig“ (Sinzig)

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Die aus dem Jahr 1962 stammende und im April 2017 gestohlene Original-Skulptur und ...
... die Replik, die im Januar 2019 an ihrer Stelle eingeweiht wurde
Ortsvorsteher Gunter Windheuser mit den Original-Modellen der Skulptur
Beim Großvater stand vermutlich Nicolaus Marx Modell.
Sinzigs Ortsvorsteher Gunter Windheuser (l.) informiert sich im Atelier des Kreuzberger Bildhauers Rudolf P. Schneider (r.) über die Rekonstruktion der gestohlenen Plastik.
Ortsvorsteher Gunter Windheuser (l.) und Bildhauer Rudolf P. Schneider beim Aufstellen der Replik am 12. Januar 2019
Gleich nach dem Aufstellen wurde die Skulptur verhüllt – bis zur feierlichen Enthüllung.

Die bis Anfang April 2017 in dem kleinen Park an der Barbarossastraße in Sinzig stehende und im Januar 2019 durch eine Replik ersetzte Skulptur „Das alte und das junge Sinzig“ war eine Arbeit der Bildhauerin Erna Deisel-Jennes aus dem Jahr 1962. Die 132 Zentimeter hohe Bronze-Statue ist „eine allegorische Darstellung der Stadt als Einheit von jung und alt.“[1]


Ehemaliger Standort[Bearbeiten]

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Sonstiges[Bearbeiten]

Am heutigen Standort der Plastik in den Anlagen zwischen HoT und Schloss, die während der Nazizeit den Namen „Dr.-Goebbels-Anlagen" trugen[2] stand einst die von Adelheid Königs geschaffene Bronzeplastik „Der Dornzieher“. Sie fiel im Zweiten Weltkrieg der Metallsammlung zum Opfer.[3]

Über die Plastik „Das alte und das junge Sinzig“ schrieb Horst Müller:

»Das alte und das junge Sinzig« ist eine Darstellung von allegorischer Kraft. Der auf den Stock gestützte Großvater hält die Enkelin an der Hand, mit leichter Neigung des Körpers wendet er sich ihr zu, die gleiche Neigung wiederholt sich in der Bewegung des Kindes, das fortstrebt, einem Ziel entgegen, auf das der ausgestreckte Zeigefinger hindeutet, vielleicht zum Spielplatz. Die Gesichter beider sind einander zugewandt, so daß hier in der Körperhaltung und der Blickrichtung ein mehrfacher Spannungsbogen entsteht, der alt und jung als Polarität und Einheit zugleich begreift. Welch eine herrliche, lebensvolle, menschliche Darstellung und zugleich Symbol einer Stadt![4]

Modell für das Mädchen stand damals Sabine Gundershausen (verh. Seite), deren Vater Leiter des Bauamts der Stadtverwaltung Sinzig war. Für den alten Herrn stand ebenfalls ein Sinziger Modell: Vermutlich war es Nicolaus Marx, der aber wohl nicht der Großvater des Mädchens war.[5] Die Gärtner des städtischen Bauhofes nennen die Skulptur deshalb intern auch „der alte Marx“.[6]

Unbekannte Diebe flexten die Bronze-Plastik Anfang April 2017 von ihrem Sockel und stahlen sie.[7] Ortsvorsteher Gunter Windheuser erreichten in den Tagen danach zahlreiche Rückmeldungen – weit über die Grenzen der Stadt Sinzig hinaus. Die Wahrscheinlichkeit, das Kunstwerk wiederaufzufinden, sei gering, berichtete die Rhein-Zeitung am 15. April 2017. Deshalb wolle Windheuser, dass die gestohlene Skulptur möglichst bald ersetzt wird. Die Nachbildung solle jedoch nicht aus Bronze bestehen, sondern aus einem Material, das keinen Anreiz zum Diebstahl bietet. Zuvor solle das Modell auf der Grundlage von Fotos möglichst originalgetreu rekonstruiert werden. Zu diesem Zweck wurde ein Spendenkonto bei der Kreissparkasse Ahrweiler eingerichtet: IBAN DE45 5775 1310 0000 5003 06, Empfänger Stadtkasse Sinzig. Einzahlungen oder Überweisungen sollten mit dem Vermerk „Spende Figur Alter Marx mit Kind“ versehen werden.[8]

Ein ehemaliger Nachbar von Erna Deisel-Jennes, die ihr Atelier an der Jesuitenstraße in Bad Neuenahr hatte, erinnerte sich, als er von dem Spendenaufruf erfuhr, dass die Original-Modelle aus dem Jahr 1962 nach dem Tod der Künstlerin an die Stadt Sinzig gingen. Und tatsächlich: Agnes Menacher, Leiterin des Heimatmuseums der Stadt im Schloss Sinzig, fand die Gipsmodelle des kleinen Mädchens und des alten Herrn in einem Magazin auf dem Schloss-Dachboden. Sabine Seite, geborene Gundershausen, also das Mädchen, das Deisel-Jennes einst Modell stand, hatte sich kurz vor dem Diebstahl noch mit ihrem bronzenen Abbild im Arm fotografieren lassen. Diese Aufnahme stellte sie für die Rekonstruktion zur Verfügung.[9]

Am 21. April 2017 machte Ortsvorsteher Windheuser auf Facebook öffentlich, dass die Original-Modelle der Skulptur noch existieren. Das sei für die geplante Rekonstruktion eine enorme Erleichterung. Fehlende Arme an den Modellen sollen nachmodelliert werden. Anstelle Bronze soll für die Nachbildung der Skulptur ein anderer Werkstoff verwendet werden, der zwar witterungsbeständig und haltbar sein, für Materialdiebe aber uninteressant sein solle.[10]

Empört über den Bronzeklau war auch ein Zahnarzt aus Bad Neuenahr-Ahrweiler, der enge mit der Familie der Künstlerin verbunden war. Er möchte möchte zwei Gemälde von Theo Deisel, dem Ehemann der 1990 verstorbenen Bildhauerin, versteigert. Den Erlös möchte er für die Herstellung einer Replik der Figur spenden. „Theo Deisel war einer der prägenden Menschen in meinem Leben – er war mein Kunsterzieher und Sportlehrer am damaligen Aufbaugymnasium in Bad Neuenahr“, sagt der Arzt, der anonym bleiben möchte. Er erinnert sich noch sehr gut daran, wie er und seine Klassenkameraden von Theo Deisel des Öfteren ins Atelier von Erna Deisel-Jennes an der Jesuitenstraße in Bad Neuenahr gerufen wurden, um dort auszuhelfen, wenn es etwas größeres zu transportieren galt. „Mit Theo Deisel haben wir auch größere Wanderungen an der Ahr und in der Eifel unternommen – dabei hat er immer wieder gezeichnet, gemalt und aquarelliert“, erinnert sich der Zahnarzt. Die beiden Deisel-Bilder, die er versteigern möchte, hingen jahrelang in seiner Praxis. Ein Tempera-Gemälde aus dem Jahr 1950 zeigt eine Ansicht von Walporzheim mit Blick auf die Bunte Kuh. Dem zweiten Bild gab Deisel den Titel „Frühlingsfarben“. Die Versteigerung wurde für Mittwoch, 18. Oktober 2017, 15 Uhr im Rathaus Sinzig terminiert.[11]

Bei einer Versteigerung im Oktober 2017 im Rathaus Sinzig erhielten Reinhold Plate und Ehefrau Ute bei einem Gebot von jeweils 60 Euro den Zuschlag. Der General-Anzeiger berichtete:

Plate, sonst Kunstsammler früher Impressionisten, will dem Bild mit einer Ansicht von Walporzheim mit Blick auf die Bunte Kuh aus dem Jahr 1950 einen Platz im Wohnzimmer geben. Auch das Bild „Frühlingsfarben“ nahm der einstige Schüler des Bad Neuenahrer Are-Gymnasiums in Erinnerung an seinen Kunst- und Sportlehrer Deisel, der 1992 im Alter von 82 Jahren verstarb, gerne mit.[12]

„Für die Neuanfertigung der Skulptur mit Hilfe der Original-Modelle liegen uns zwei Kostenvoranschläge von 19.000 und 21.000 Euro vor“, sagte Ortsvorsteher Gunter Windheuser. Dem standen im Oktober 2017 Spenden von 4000 Euro gegenüber. „Auch wenn das Interesse an der Versteigerung so gering wie die Höhe des Erlöses war, so war es doch eine beeindruckende Geste“, berichtete Marion Monreal im General-Anzeiger. Sabine Gundershausen, die 1962 Modell für die Skulptur stand, meldete sich ebenfalls bei Ortsvorsteher Windheuser, und sagte, dass sie sich freuen würde, wenn die gestohlene Skulptur wieder neu angefertigt wird.

Der Ortsbeirat Sinzig votierte am 24. April 2018 einstimmig bei zwei Enthaltungen für die Neuanfertigung des gestohlenen Denkmals „Das alte und das junge Sinzig“. Das Denkmal soll wieder als Bronzeplastik entstehen. Das vom 4. September 2017 stammende Angebot des Bildhauers Rudolf P. Schneider aus Kreuzberg in Höhe von 18.800 Euro wurde ebenfalls gebilligt und angenommen. Der Spendenaufruf von Ortsvorsteher Gunter Windheuser erbrachte bis dahin knapp 1500 Euro. Die Mittel für die Wiederbeschaffung wurden im Haushalt der Stadt Sinzig für 2018 eingestellt.[13]

Ortsvorsteher Gunter Windheuser besuchte im Oktober 2018 den Bildhauer Rudolf P. Schneider in seinem Atelier in Kreuzberg, um sich ein Bild über den Stand der Dinge zu machen. „Der Bildhauer erläuterte ausführlich die Vielzahl von Überlegungen und Arbeitsschritten, die nötig waren, um eine möglichst detailgetreue Rekonstruktion der Skulptur ... zu erhalten“, berichtete der General-Anzeiger am 17. Oktober 2018. Als Grundlage für seine Arbeit dienten Schneider die Originalmodelle – auch wenn die Modelle in die Jahre gekommen und ein wenig ramponiert waren – dem Senior fehlten Arme, Beine und sein Gehstock. Es gab ja auch noch Fotos von der gestohlenen Skulptur. Und der Bildhauer recherchierte über die Arbeitsweise der Künstlerin und den Stil der 1960er Jahre. Neben fehlenden Gliedmaßen des „Alten“, die nachmodelliert wurden, seien auch an der Kinderfigur umfangreiche Arbeiten erforderlich gewesen, etwa das Entfernen der Farbe von der zwischenzeitlich übermalten Figur. In einer Kunstgießerei in Süddeutschland werde demnächst aus der Rekonstruktion in mehreren Arbeitsschritten die endgültige Gussform hergestellt. Nach dem Guss sei noch viel Handarbeit erforderlich. Voraussichtlich im Frühjahr 2019 solle „Das alte und das junge Sinzig“ wieder auf seinem Sockel in dem kleinen Park an der Barbarossastraße stehen.[14]

Mitte Oktober 2018 fuhr Schneider mit seinem Modell in eine Kunstgießerei nach Oberbayern, wo daraus in mehreren Arbeitsschritten die endgültige Gussform erstellt wurde. Der Bronzeguss erfolgte dann bei rund 1200 Grad. Kurz vor Weihnachten 2018 hatte Schneider die 125 Kilo schwere Skulptur in seinem Atelier in Kreuzberg stehen, wo er letzte Hand anlegte. Mit Hilfe eines Gabelstaplers vom Bauhof der Stadt Sinzig und Transportbändern wurde die Replik dann am Vormittag des Freitag, 11. Januar 2019, auf den Originalsockel gehoben. Für die Verankerung im Sockel wurden nicht mehr dünne Messinggewindestäbe, sondern massive Edelstahlbolzen verwendet.

Sabine Seite, die für die Skulptur einst Modell stand, war eine der etwa 15 Spender, die sich an den Kosten von 19.000 Euro für die Herstellung der Replik beteiligten. Der Grafschafter Zahnarzt Hartmut Ketz versteigerte im Sinziger Rathaus zwei Originalgemälde von Theo Deisel, dem Ehemann der 1990 verstorbenen Bildhauerin, aus seinem Besitz zugunsten der Nachbildung. Insgesamt betrug der Spendenanteil aus Privathand 10 Prozent der Kosten – der Rest wurde in den Haushalt der Stadt Sinzig eingestellt. Die Plastik wurde nach dem Aufstellen jedoch gleich wieder verhüllt. „Sie wird so lange verhüllt bleiben, bis wir einen offiziellen Termin mit den Geldgebern haben“, so Ortsvorsteher Windheuer.[15]

Am Nachmittag des Freitag, 25. Januar 2019, wurde die Replik durch Bürgermeister Andreas Geron und Ortsvorsteher Gunter Windheuser feierlich enthüllt. Mit dabei: Trude Marie Stahl, Ulrich und Michael Marx, der Enkel von Nikolaus Marx, der Modell für die Figur des alten Sinzigs stand.[16]

Weitere Fotos[Bearbeiten]

Das Original[Bearbeiten]

Im Bildhauer-Atelier[Bearbeiten]

Die Replik[Bearbeiten]

Mediografie[Bearbeiten]

Hans Kleinpass: Sinzig 1815-1969, in: Jürgen Haffke/Bernhard Koll (Hrsg.): Sinzig und seine Stadtteile – gestern und heute, 785 Seiten, Sinzig 1983, S. 229

Fußnoten

  1. Quelle: Kreisverwaltung Ahrweiler (Hrsg.): Skulpturen im Kreis Ahrweiler – Katalog des Skulpturenfrühlings 1993 – 6. Kulturtage des Kreises Ahrweiler 23. April bis 31. Mai 1993, 55 Seiten, Warlich Druck und Verlagsgesellschaft mbH 1993, S. 23
  2. Quelle: Hans Kleinpass: Sinzig von 1815 bis zur Gebietsreform 1969, in: Jürgen Haffke/Bernhard Koll (Hrsg.): Sinzig und seine Stadtteile – gestern und heute, 785 Seiten, Sinzig 1983, S. 220
  3. Quelle: Hans Kleinpass: Sinzig von 1815 bis zur Gebietsreform 1969, in: Jürgen Haffke/Bernhard Koll (Hrsg.): Sinzig und seine Stadtteile – gestern und heute, 785 Seiten, Sinzig 1983, S. 229
  4. Quelle: Horst Müller: Sinnbilder des Lebens. Rückblick auf die Kunstausstellung von Erna Deisel-Jennes und Theo Deisel im Peter-Joerres-Gymnasium Ahrweiler, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1988
  5. Quelle: Karin Baum-Schellberg in einem Facebook-Posting vom 11. Dezember 2016
  6. Quelle: Stephan E. Braun in einem Facebook-Posting vom 11. Dezember 2016
  7. Quelle: Judith Schumacher: Räuber flexen Bronzestatue vom Sockel – Spektakulärer Diebstahl in Sinzig ist kein Einzelfall, in: Rhein-Zeitung vom 4. April 2017
  8. Siehe auch: Reaktion auf Diebstahl in Sinzig – Skulptur soll neu entstehen, general-anzeiger-bonn.de vom 16. April 2017
  9. Quelle: Marion Monreal: Rekonstruktion nach Diebstahl – Bronzeskulptur des "alten und jungen Sinzig" ist wieder da, general-anzeiger-bonn.de vom 12. Januar 2019
  10. Quelle: Victor Francke: Nach dreistem Diebstahl in Sinzig – Original-Modelle der gestohlenen Bronze-Skulptur gefunden, general-anzeiger-bonn.de vom 21. April 2017
  11. Quellen: Auktion im Sinziger Rathaus zugunsten von „Das alte und das neue Sinzig“ – Zwei Gemälde von Theo Deisel kommen unter den Hammer – Erlös aus dem Verkauf am 18. Oktober fließt in die Herstellung einer Replik der gestohlenen Bronzefigur von Erna Deisel-Jennes, blick-aktuell.de vom 9. Oktober 2017, und Günther Schmitt: Gemälde von Theo Dreisel kommen unter den Hammer – Versteigerung zugunsten von Sinziger Bronze-Skulptur, general-anzeiger-bonn.de vom 13. Oktober 2017
  12. Quelle: Marion Monreal: Auktion im Sinziger Rathaus: Sinziger Ehepaar ersteigert Deisel-Gemälde, general-anzeiger-bonn.de vom 20. Oktober 2017
  13. Quelle: Ortsbeirat Sinzig stimmte ab – Der „alte Marx“ kehrt an seinen angestammten Platz zurück – Gremium beschloss einstimmig die Wiederherstellung der Skulptur „Das alte und das junge Sinzig“ - Trotz Haushaltsmitteln sind Spenden weiter willkommen, blick-aktuell.de vom 27. April 2018
  14. Quelle: Zu Besuch beim Bildhauer – Ortsvorsteher informiert sich über Rekonstruktion der gestohlenen Skulptur, in: General-Anzeiger vom 17. Oktober 2018
  15. Quellen: Marion Monreal: Rekonstruktion nach Diebstahl – Bronzeskulptur des "alten und jungen Sinzig" ist wieder da, general-anzeiger-bonn.de vom 12. Januar 2019, und Judith Schumacher: Sinziger Bronzeskulptur kehrt als Replik zurück – Am Freitag wurde „Das alte und das neue Sinzig“ an angestammter Stelle installiert und gleich wieder verhüllt, in: Rhein-Zeitung vom 12. Januar 2019
  16. Quelle: Skulptur in Sinzig feierlich enthüllt, in: Rhein-Zeitung vom 26. Januar 2019